Rezension

Most und Mord

Mostbarone -

Mostbarone
von Helmut Scharner

Bewertet mit 4 Sternen

Ein interessant aufgebauter Fall mit Überraschungen, viel Infos über Land und Leute und einem sympathischen Ermittler

Nicht überschäumend spannend, aber ein interessant aufgebauter Fall mit Überraschungen, viel Information über Land und Leute und einem sympathischen Ermittler

„Mostbarone“ von Helmut Scharner ist ein typischer Regionalkrimi mit Lokalkolorit und Informationen über Land und Leute, Kulinarik und Gebräuche, keinen grausigen Beschreibungen der Mordopfer, dem Schwerpunkt auf der stets mühsamen Ermittlungstätigkeit und Einblick ins Privatleben des Kriminalbeamten.

Obwohl ich als Quereinsteiger die Vorgängerbände nicht kannte, dies jedoch bereits der vierte Band einer Reihe ist, kam ich problemlos in die Handlung hinein. Der Personenkreis ist überschaubar, der Schreibstil liest sich flüssig, die Kapitel sind angenehm kurz und – was ich sehr schätze – jeweils mit einer Orts- und Zeitangabe betitelt. Im Übrigen finde ich auch das Cover sehr gelungen. So kann man sich die Tracht der Mostbarone sehr gut vorstellen.

Der im Mittelpunkt stehende Ermittler, Major Brandner, ist sympathisch und auch authentisch charakterisiert – ein Mann, der seinen Beruf ernst nimmt, sich einem Fall vollauf widmet, Tag und Nacht, sonn- und feiertags einsatzbereit ist. Er liebt seine Familie, muss aber diese und sein eigenes Ruhebedürfnis aber immer wieder berufsbedingt hintanstellen. Die übrigen Personen werden eher nur äußerlich und mit wenigen Wesenszügen beschrieben, was ich für dieses Genre aber als ausreichend empfand. Belebend fand ich den Einblick in die Gedanken der handelnden Personen, was durch die kursive Schrift auch optisch gut hervorstach.

Die Handlung bewegt sich in relativ gemächlichen Bahnen, die Befragungen wirken nicht sehr spektakulär, obwohl sich der Kreis der Verdächtigen und die Bandbreite der Motive immer mehr ausweitet. Ich rätsle gerne mit und stelle meine eigenen Theorien auf, dieser Krimi bot mir hierfür reichlich Gelegenheit. Erst als noch ein zweiter Mord passiert, stieg die Spannungskurve stetig nach oben – bis zum dramatischen Showdown, wo nicht nur ein Überraschungstäter offenbart, sondern der Fall auch schlüssig gelöst wurde.

Der Fall spielt im Hochsommer 2020, nach dem ersten Lockdown. Sehr gut dosiert wird auf die Auswirkungen von Corona auf die Menschen hingewiesen, wie z.B. kein Händeschütteln mehr und Reisebeschränkungen. Wobei letzteres dazu führt, dass Brandners Familie Urlaub im Mostviertel macht und in diesem Zusammenhang nicht nur immer mehr in das Geschehen integriert wird, sondern auch Sehenswertes und landschaftliche Besonderheiten dieser Gegend hervorgehoben werden. Selbst ich als Österreicherin habe viel Neues über das Mostviertel erfahren, u.a. über Mostsorten und das Brauchtum der Mostbarone. Ich habe mich lediglich gefragt, ob es in dieser Region keinen speziellen Dialekt gibt. Sprachliches Lokalkolorit habe ich etwas vermisst.

Mir hat der Krimi sehr gut gefallen, auch Lust auf die Vorgängerbände gemacht. Wer unblutige, sich langsam entwickelnde Regionalkrimis mag, mit einem sympathischen Ermittler und einer gut konstruierten Handlung, wird, wie ich, die Lesestunden mit diesem Buch genießen.