Rezension

Nicht revolutionär neu, aber berührend erzählt

Jeden Tag ein Wort von dir - Cheyanne Young

Jeden Tag ein Wort von dir
von Cheyanne Young

Bewertet mit 3.5 Sternen

Inhalt
Sasha war die beste Freundin, die sich Rocki hätte wünschen können. Unmittelbar nach ihrem Tod fühlt es sich an, als wäre ein Teil von Rocki mit ihr gestorben. Als sie posthum Botschaften in Form von Videos, Briefen und Päckchen von Sasha erhält, ist es, als wäre sie zu ihr zurückgekommen. Neben einer Gnadenfrist bis zum endgültigen Abschied und Aufgaben, die Rocki einen Grund geben, jeden Tag das Bett zu verlassen und am Leben teilzuhaben, schenkt ihr Sasha noch etwas anderes: Elijah, Sashas Bruder, den sie noch vor ihrem Tod ausfindig gemacht hat. Vereint durch die Liebe zu dem Mädchen, das der eine nie richtig kennenlernen durfte und die andere beinahe besser kannte als sich selbst, lernen sie, mit ihrer Trauer umzugehen - und kommen sich dabei immer näher.

Meine Meinung
Nachdem ich die Inhaltszusammenfassung von Cheyanne Youngs Roman "Jeden Tag ein Wort von dir" gelesen habe, war mein erster (zugegebenermaßen recht böse formulierter) Gedanke: "Ein Roman, bei dem der Verlust eines nahestehenden Menschen thematisiert wird und und die Hinterbliebenen über Briefe oder ähnlichen Kommunikationsmitteln Handlungsanweisungen bekommen, ist nicht gerade der revolutionärste Ansatz." Vielleicht hattet ihr ähnliche Gedanken, schließlich ist der Markt in dem Bereich mittlerweile hart umkämpft und droht (meines Erachtens), übersättigt zu sein. Keine besonders leichte Ausgangssituation für Cheyanne Youngs Werk. Gelesen habe ich "Jeden Tag ein Wort von dir" (offensichtlich) trotzdem. Zum einen, weil ich gerade in der Stimmung für traurige Lektüre war. Zum anderen, weil ich nicht riskieren wollte, dass mir ein literarisches Highlight entgeht.
So hart es jetzt erst mal klingen mag: Aus der Masse an (Jugend-)Büchern mit diesem Thema sticht "Jeden Tag ein Wort von dir" meiner Ansicht nach leider nicht heraus. Das heißt aber keineswegs, dass es ein schlechter Roman wäre. Schreiben kann Young auf jeden Fall, womit ja schon ein ausgesprochen wichtiges Kriterium erfüllt ist. Die Kapitel lesen sich gut, die Übergänge zwischen den einzelnen Szenen sind gelungen und manche Formulierungen haben "Lesezeichenpotenzial". Auch Kriterium Nummer 2 wurde erfüllt: eine gute Hauptfigur, mit der man sich identifizieren kann. Mit Ich-Erzählerin Rocki konnte ich auf Anhieb sympathisieren und es war leicht, einen Zugang zu ihr zu finden. Insbesondere die emotionale Bandbreite von Trauer über Wut zu Sehnsucht, die sie immer wieder in Phasen durchlebt, waren greifbar und nachvollziehbar geschildert. Ihre Freundschaft mit Sasha war ebenso schön ausgearbeitet. Dadurch, dass Sasha in Rockis erinnerung ständig präsent ist, bekommt man ein sehr klares Bild von Sashas strahlenden, lebhaften und warmherzigen Persönlichkeit sowie von dem Band, das die beiden so stark zusammengehalten hat. Die Liebe zueinander klingt aus jedem Wort heraus, das Rocki und auch Sasha (über die Videobotschaften und Briefe) über- und zueinander sagen. Dieser Part hat mir also sehr gut gefallen und natürlich auch berührt (auch wenn sie mir nicht die Tränen in die Augen getrieben hat).
Mit der Erweiterung des Duos um Elijah habe ich allerdings sehr gehadert. Dass der Bruder der Verstorbenenen zur neuen Bezugsperson wird, ist an sich nichts Neues. Durch die Adoptionshintergrund und die damit verbundene Trennung von Sasha und Elijah hat dieser Aspekt allerdings etwas frischen Wind bekommen. Das große Aber ist nun, dass Elijah und Rocki für mich als Freunde wunderbar funktioniert haben, auf romanticher Ebene ist allerdings leider nicht viel bei mir angekommen. Sie hatten einige süße Momente, keine Frage. Meistens empfand ich die "Beziehungskiste" jedoch als unnötig und sie hat für meinen Geschmack zu sehr von der Haupthandlung abgelenkt (es gibt sicher viele, die mir da widersprechen werden). Dafür hätte gerne Elijahs persönlicher Handlungsstrang etwas weiter ausgebaut werden können. Hinzu kommt, dass durch den starken Fokus auf Sasha, Elijah und Rocki mir einige Charaktere, wie Sashas Adoptiveltern, zu sehr auf der Strecke blieben. Zweiffellos hätten sie eine Menge zum Tiefgang der Story beitragen können.
Insgesamt fand ich die schriftstellerische Umsetzung des Plots gut, aber leider fehlte mir letztlich ein Herausstellungsmerkmal. Die Handlung hat mir das geboten, was ich erwartet habe, aber auch nicht wirklich mehr. Zum Großteil ist das wohl einfach dem Umstand geschuldet, dass ich schon sehr viele ähnliche Bücher gelesen habe, wofür Cheyanne Young natürlich nichts kann. Andere Leser/innen sollten sich von meiner nicht allzu überschwänglichen Rezension aber keinesfalls abschrecken lassen, da es sein kann, dass es genau das ist, wonach sie suchen (insbesondere wenn sie von der Thematik nicht genug lesen können).

Mein Fazit
"Jeden Tag ein Wort von dir" ist eine gute Lektüre, wenn man in melancholischer oder Trauerstimmung ist. Der Schreibstil von Cheyanne Young, die glaubhaft dargestellten Emotionen von Protagonistin Rocki und die innige Freundschaft zwischen Sasha und ihr sprechen eindeutig für das Buch. Weniger zugesagt hat mir (aus den oben genannten Gründen) die sich anbahnende Beziehung zu Elijah, obwohl ich ihn als Person mochte.
Der Aufbau entsprach im Wesentlichen dem vertrauten Schema, Einfallslosigkeit kann (und möchte) ich Cheyanne Young trotzdem nicht vorwerfen, schließlich hat sie mit dem Plot um Elijah und der Adoptionsgeschichte einige neuartige Elemente hinzugefügt. Im Endeffekt fehlten mir aber leider die erinnerungswürdigen Momente, die ich auch nach längerem zeitlichen Abstand sofort mit "Jeden Tag ein Wort von dir" assoziieren würde.

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