Rezension

Niemand ist ausschließlich gut oder böse

Notizen zu einer Hinrichtung -

Notizen zu einer Hinrichtung
von Danya Kukafka

Bewertet mit 4 Sternen

In Danya Kukafkas Roman geht es um einen Serienmörder, der nach sieben Jahren Haft hingerichtet werden soll. Ansel Packer hat noch 12 Stunden zu leben, in denen der Leser ihn begleitet. Er will nicht sterben, hofft auf eine Begnadigung in letzter Minute oder auf eine gelungene Flucht mit Hilfe der Gefängnisaufseherin Shawna Billings, die von ihm fasziniert ist. Ansel erinnert sich an die verschiedenen Phasen seines Lebens und erörtert den Inhalt seines Manuskripts über die Natur des Guten und des Bösen, die unzähligen Entscheidungen, die ein Leben ausmachen und die alternativen Leben, die jeder von uns führen könnte. Außerdem lesen wir die Geschichte der Frauen seines Lebens – nicht der Opfer -, die seine Biografie komplementieren. Da ist seine Mutter Lavender, die als junge Frau vor ihrem gewalttätigen Partner floh und ihre beiden kleinen Söhne zurückließ, dann Hazel, die Zwillingsschwester seiner Frau Jenny, und schließlich Saffy, die Ermittlerin, die als Kind in derselben Pflegefamilie wie Ansel lebte und Zeugin seiner grausamen Tierquälerei wurde. Sie hat sehr früh gewusst, dass Ansel als 17jähriger drei junge Mädchen ermordet hat, konnte sich aber in ihrem Team mit ihrer Überzeugung nicht durchsetzen, als Jahre später die Leichen gefunden wurden. Bis zu seiner Verurteilung waren Jahrzehnte seit seinen ersten drei Taten vergangen.
Kukafkas Roman ist kein Whodoneit. Es geht in der auf verschiedenen Zeitebenen und aus wechselnder Perspektive erzählten Geschichte um andere Dinge: um die Faszination, die Serienkiller wie Ansel Packer ausüben, wie nicht zuletzt real existierende Mörder wie Ted Bundy und Charles Manson beweisen, deren Geschichte unzählige Male beschrieben und verfilmt wurde. Auch wenn die Autorin diese Faszination kritisch sieht, können weder sie noch der Leser sich davon völlig befreien. Außerdem übt Kukafka deutliche Kritik am amerikanischen Justizsystem und insbesondere an der Grausamkeit der Todesstrafe durch die Giftspritze. Dem Zeitungsleser ist noch deutlich der aktuelle Fall des Häftlings im Gedächtnis, der reinen Stickstoff einatmen musste, als es in mehreren Versuchen nicht möglich war, ihm die Spritze zu setzen.
“Notizen zu einer Hinrichtung“ ist kein handlungspraller Reißer. Dafür sorgt schon die Erzählstruktur mit dem Wechsel der Zeitebenen und der Perspektiven. Der Roman hat durchaus Längen. Entbehrlich fand ich zum Beispiel die Ausführungen zu den ungelebten Leben der Opfer am Ende der Geschichte. Dennoch ein durchaus empfehlenswerter Roman, den ich gern gelesen habe.