Rezension

Psychothriller mit eher untypischer Protagonistin

Aus nächster Nähe - L. S. Hawker

Aus nächster Nähe
von L. S. Hawker

Bewertet mit 4 Sternen

Nessa Donati scheint anfangs ein geradezu perfektes Leben zu führen. Mit ihrem Mann hat sie einen wunderbaren Sohn, sie leben abgeschieden auf einem großen Grundstück und tollen Haus und zudem kann Nessa ihre Musikleidenschaft regelmäßig als Radiomoderatorin ausleben. Nach und nach jedoch sieht man die ganzen Fehler und Stolpersteine in ihrem Leben. John, ihr Ehemann, ist drogenabhängig und verschwindet nach ihrem Rauswurf plötzlich, scheint jedoch Spuren zu hinterlassen. Ihr gemeinsamer Sohn Daltrey spricht nicht, obwohl es altersgemäß bereits angebracht wäre.

Immer mehr Sabotageaktionen finden statt und werfen Nessas scheinbar wohl geordnetes Leben kontinuierlich stärker durcheinander. Will sich John an ihr rächen oder wer genau treibt sein Unwesen in all ihren Lebensbereichen?

 

Dieses Buch ist besonders fesselnd, da man das Gefühl bekommt, dass fast jede beliebige Person einem das Leben zerstören könnte. Man fühlt sich eingeengt und bedrängt, da sich eine Aktion an die nächste reiht. Kann man sich zu Hause wirklich noch wohl fühlen? Muss man für vergangene Taten büßen, obwohl man sie selbst verdrängt hat? Man kann wohl noch so weit wegziehen, man wird trotzdem eingeholt.

Nach und nach lernt man als Leser Nessa näher kennen. Sympathisch macht sie vor allem ihre „unperfekte“ Art, die sie nicht als typische Buchheldin dastehen lässt, sondern ihre Fehler und vor allem Fehltritte aufzeigt. Sie wirkt real und in vielerlei Hinsicht auch nachvollziehbar in ihrem Tun. Obwohl auch Nessa nicht den idealen Gutmensch darstellt, kommt man auch als Leser nicht darum herum um sie eine gewisse Angst zu haben. Ihr starker Wille und der starke Beschützerinstinkt ihrem Sohn gegenüber lässt sie nicht einbrechen, trotz nicht abreißender  Anschläge auf ihre Familie.

 

Ich würde das Buch nicht durchweg als Thriller bezeichnen, jedoch gibt es einige sehr angespannte Szenen, die einem sehr unter die Haut gehen und definitiv die Psyche ansprechen sollen. Wer hier auf hervorzusehende Aktionen tippt, wird sich wundern, denn die Zusammenhänge sind eher spärlich und nur durch Nessas langsam aufgedeckte Geschichte bekommt man als Leser immer mehr Einblick. Blutige Auseinandersetzungen sucht man eher vergeblich.

 

Der Schreibstil ist insgesamt sehr fließend und auch die Kapitel sind recht kurz gehalten, so dass man als Leser auch schnell vorwärts kommt und nicht in allerlei unwichtigen Szenen verharren muss. Spannend ist das Buch allemal, da auch die Protagonistin sehr aus der normalen Opferrolle herausfällt und die Autorin trotz Nessas Zurückgezogenheit auch eine gute Menge an anderen Charakteren in die Geschichte einführt. Zudem ist das Buch sehr gut strukturiert, so dass sich die Spannung immer mehr aufbauen kann und in einem ausgezeichneten Schluss endet, der klar nachvollziehbar ist und die letzten Karten auf den Tisch legt.