Rezension

Diese Rezension enthält Spoiler. Klicken, um alle Spoiler auf dieser Seite lesbar zu schalten.

Quälender Hunger

Gone - Hunger - Michael Grant

Gone - Hunger
von Michael Grant

Bewertet mit 4 Sternen

Allgemeines zum Buch:
* * * * * * * * * * * * *
"Hunger" ist der zweite Band der "Gone"-Reihe von Michael Grant. Teil Eins heißt "Verloren" und der Titel von Teil Drei wird "Lügen" sein. Ein Erscheinungsdatum des dritten Bandes steht, soweit ich weiß, aber noch nicht fest. Im englischen Original ist es bereits erschienen und ein vierter Band ist für April 2011 angekündigt.

Das Buch umfasst 488 Seiten und gliedert sich dabei in 48 Kapitel, wobei das letzte Kapitel eine Art Epilog darstellt, da es drei Tage nach den in den vorherigen Kapiteln beschriebenen Ereignissen spielt. Jedes Kapitel ist in Abschnitte unterteilt und trägt als Überschrift seine jeweilige Kapitelnummer als ausgeschriebenes Wort sowie eine Zeitangabe. Denn die Handlung des Buches stellt eine Art Countdown dar. Dies war bereits im ersten Band der Reihe der Fall, und auch hier gibt es wieder diesen Zeitablauf, der unaufhaltsam stattfindet. Zu Beginn sind es 106 Stunden und 29 Minuten, die jedoch unerbittlich ablaufen.

Die Kapitel sind mit durchschnittlich zehn Seiten angenehm kurz, was auch dadurch verstärkt wird, dass die Schrift recht groß ist.

Geschrieben ist das Buch aus der Sicht eines allwissenden Erzählers in der Vergangenheitsform.

Sehr auffallend ist die Gestaltung des Buches. Der Titel ist in einem strahlenden Blau auf schwarzem Hintergrund abgedruckt. Doch viel auffälliger ist wohl der Seitenschnitt des Buches, denn dieser ist ebenfalls blau. Der erste Band ist in neongelb gestaltet und ich bin gespannt, welche Farbe der dritte Band erhält.

Am Ende des Buches findet sich eine Leseprobe des dritten Bandes, die sehr neugierig auf das Finale macht.

Das Original des Buches erschien 2008 unter dem Titel "Hunger".

Zusammenfassung des ersten Bandes:
* * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * *
Der zweite Band setzt nahtlos am ersten Band an. Zwar sind seit den Geschehnissen des ersten Bandes drei Monate vergangen, doch hat sich an der Situation, in der sich die Jugendlichen befinden, nichts geändert.

Die Personen werden nicht noch einmal vorgestellt und es findet nur eine sehr knappe Rückschau auf die Geschehnisse statt. Es ist also dringend notwendig, den ersten Band zu lesen, bevor man "Hunger" liest, da man sonst den Zusammenhang und die Ereignisse des zweiten Bandes nicht verstehen kann.

An dieser Stelle möchte ich kurz zusammenfassen, womit sich der erste Band der Reihe beschäftigt:

Auf einmal sind alle Erwachsenen verschwunden. Was zunächst nach einer fröhlichen Abwechslung aussieht, wird schnell zum Albtraum.

Und mittendrin steckt Sam, der Hauptcharakter des Buches. Er ist gerade in der Schule, als vor seinen Augen sein Lehrer verschwindet. Und mit ihm alle Menschen ab 15 Jahren. Zurück bleiben Babys, Kinder und Jugendliche, die sich nun ihr Leben selbst gestalten müssen. Es gilt, die kleinen Kinder zu versorgen, Lebensmittel müssen aufgeteilt werden, Feuerwehr und Krankenstation müssen besetzt werden.

Zunächst gelingt es den Kindern auch, sich einig zu werden und sich ihr neues Leben zu organisieren. Doch schnell kommt es zu Unstimmigkeiten und Machtkämpfen und bald geschieht ein erster Mord.

Weitere Tote folgen und als wäre all dies nicht genug, wird die Stadt von einer unsichtbaren Wand umgeben, der man sich nicht nähern kann, ohne Schmerzen zu spüren. Die Stadt bekommt den Spitznamen FAYZ, was die Abkürzung für Fallout Alley Youth Zone ist und zudem deshalb ironisch anmutet, weil die Jugendlichen vermuten, diese Kuppel sei nur von kurzer Dauer, bestehe nur für eine gewisse Phase, eine FAYZ.

Tiere mutieren zu Monstern: Schlangen können fliegen und Kojoten sprechen. Doch auch die Kinder verändern sich. Sie bekommen übernatürliche Kräfte. Mit ihren Händen können sie Feuer entfachen, Gegenstände bewegen oder Gedanken lesen. Auch Sam entwickelt diese übernatürlichen Kräfte. Doch er steht auch vor einem anderen Problem: Denn in 300 Stunden feiert er seinen 15. Geburtstag...

Sam hat zudem einen Widersacher: Seinen Zwillingsbruder Caine, der ihm die Herrschaft über die FAYZ streitig macht.

Meine Meinung zum Buch:
* * * * * * * * * * * * * * *
Im zweiten Band der Reihe stehen zum einen die Machtkämpfe zwischen Sam und Caine im Vordergrund. Beide haben sich an jeweils anderen Orten verschanzt und versuchen, sich gegeneinander zu behaupten. Sams größte Sorge ist dabei, dass Caine versucht, das Kernkraftwerk zu erobern um dem Stadtteil, in dem Sam lebt, den Strom abzudrehen.

Ein zweites Hauptproblem ist, dass sich auch unter den anderen Jugendlichen Machtkämpfe entwickeln. Dabei bilden sich zwei Lager: Das Lager der "Freaks", also der Jugendlichen, die außergewöhnliche Kräfte und Fähigkeiten entwickelt haben, sowie das Lager der "Normalen", die in den "Freaks" eine Bedrohung sehen. Hier kommt es zu blutigen Auseinandersetzungen, die vor allem dadurch begünstigt werden, dass es mittlerweile ganz normal ist, dass achtjährige Kinder bewaffnet durch die Stadt laufen.

Und ein weiteres drohendes Problem ist die Lebensmittelknappheit, die durch mutierende Würmer, die das Obst und Gemüse auf den Feldern befallen und vor Zugriffen durch die Jugendlichen sichern, verstärkt wird.

Das Buch lebt von seiner Vielzahl an Haupt- und Nebencharakteren und den verschiedensten Handlungssträngen. Jedes Kapitel bzw. jeder Abschnitt in den einzelnen Kapiteln folgt einem anderen Handlungsstrang und somit einem anderen Charakter. Dadurch wird ein umfassendes Bild vom Leben in der FAYZ gezeichnet.

Sehr oft wird das Buch von Gewalt beherrscht und ist an vielen Stellen auch sehr beängstigend. Die entsprechenden Szenen sind oft blutig und brutal und vom Autor schonungslos beschrieben. Eine beklemmende Atmosphäre wird geschaffen, aus der es scheinbar keinen Ausweg gibt. Daher muss man sich als Leser auf dieses Buch und dessen düstere Atmosphäre einlassen können. Und man muss ein gewisses Maß an Fantasie mitbringen, um fliegende Schlangen und übernatürliche Kräfte akzeptieren zu können.

Doch wie auch bereits der erste Band beinhaltet auch dieser Teil der Reihe andere Schwerpunkte: Insbesondere Freundschaften und ihre Bedeutung für das Leben der Jugendlichen werden angesprochen. Dazu finden sich einige humorvolle Szenen und es wird die Bedeutung von Zusammenhalt und Gemeinschaftsgefühl beschrieben. Denn Sam leidet sehr unter seiner Verantwortung. Ihm gelingt es nicht, einen geregelten Tagesablauf zu organisieren. Er befürchtet, nicht ausreichend für die anderen Jugendlichen sorgen zu können. Doch hier springen seine Freunde ein, die ihn unterstützen und ihm beistehen.

Die Charaktere sind insgesamt alle sehr greifbar gezeichnet. Es gibt die Guten und die Bösen, aber es gibt auch Charaktere, die sich nicht so leicht einer dieser beiden Gruppen zuordnen lassen. Das Verhalten der Jungs und Mädchen wird durch Angst gezeichnet und so handeln manche von ihnen ohne zu wissen, was sie tun.

Der Stil des Autors ist mitreißend und fesselnd. Dies hat sich auch in meinem Leseverhalten bemerkbar gemacht: Ich habe das Buch innerhalb eines Tages ausgelesen und die letzten 200 Seiten waren so spannend, dass ich bis nacht um eins gelesen habe. Vorher konnte ich das Buch einfach nicht zur Seite legen. Die Handlung spitzt sich immer mehr zu und ich war so nervös und unruhig, dass ich gar nicht anders konnte, als immer weiter zu lesen. Sehr bezeichnend ist auch hier der Countdown: Wähernd auf den ersten 200 Seiten insgesamt 88 Stunden vergehen, laufen auf den verbleibenden 280 Seiten nur noch 18 Stunden ab. Die Atmosphäre wird in diesen letzten Stunden viel dichter, die Handlungsstränge werden viel ausführlicher dargestellt und der Autor baut eine enorme Spannung auf. Diese fehlt mir leider etwas auf den ersten 200 Seiten des Buches. Hier beschränkt sich der Autor meiner Meinung nach zu sehr auf Alltägliches. Sicherlich verdeutlicht er dadurch die Probleme, die in der FAYZ herrschen, aber die Handlung kommt hier noch nicht so richtig in Gang.

Das Ende des Buches war für mich sehr zufriedenstellend - doch dann folgt der letzte Absatz, der für mich einen echten Cliffhanger darstellt. Er wirft viele Fragen auf und macht es für mich nun sehr schwer, bis zum Erscheinen des dritten Bandes warten zu müssen, bevor diese Fragen beantwortet werden.

Der Satzbau ist recht einfach und so dem Niveau jüngerer Leser angepasst. Dies zeigt sich auch in den Dialogen, in denen der Autor typische Jugendsprache verwendet. Das Buch lässt sich leicht lesen und ist nicht zu anspruchsvoll geschrieben.

Empfehlen würde ich das Buch für Jugendliche ab 14 Jahren, da es stellenweise eben doch sehr brutal zugeht.

Mein Fazit:
* * * * * *
Ein spannendes, wenn auch oft beängstigendes Buch, das mich nun sehnsüchtig den dritten Band erwarten lässt.