Rezension

Roman eines Lebens

Die ganze Welt ist eine große Geschichte, und wir spielen darin mit - Charlotte Roth

Die ganze Welt ist eine große Geschichte, und wir spielen darin mit
von Charlotte Roth

Bewertet mit 4 Sternen

" Michael Ende - Roman eines Lebens" - so nennt Charlotte Roth ihr Buch im Untertitel. Weder ist es eine Biografie noch eine Romanbiografie, vielmehr ist es der Versuch, den Menschen Michael Ende lebendig werden zu lassen. Der Mensch Michael Ende zeigt sich bei Roth vor allem im Umgang mit Menschen, in seinem Vertrauen zu Freunden, seinem Umgang mit Frauen und darin, was er unter Treue verstand. Was wahr ist, was erfunden ist. Roth gibt es nicht preis, wie sie in ihrem Nachwort schreibt. Der Roman will eine Fiktion sein. 

"Die ganze Welt ist eine große Geschichte und wir spielen darin mit" lautet der Titel von Charlotte Roths Romans, bei dem es sich um ein Zitat aus Michael Endes Buch "Momo" handelt. Dies zeigt sich vor allem am Anfang des Romans. Sehr ausführlich geht Charlotte Roth auf Kindheit und Jugend Endes in München ein. Vor allem dem Vater, Edgar Ende, ein surrealistischer Maler, wird sehr viel Raum eingeräumt. 

Hier verknüpft Charlotte Roth sehr geschickt Edgar Endes Art zu malen mit Michael Endes Art zu schreiben. wo der Vater im verschlossenen Zimmer wartet, bis die Bilder zu ihm kommen, wartet der Sohn auf die Geschichten, bis sie in ihm lebendig werden. Er kann nicht weiterschreiben, wenn die Figuren nicht zu ihm sprechen. Ein Schriftsteller sei wie ein Angler, heißt es im Text, er müsse geduldig sein und warten können. 

Dem, wie Michael Ende geschrieben hat, wird in dem Buch nicht viel Platz eingeräumt, wohl aber dem, wie er mit seinem Stoff umging, wenn er ihn erst einmal gefunden hatte. Auch den Enttäuschungen wird Raum gegeben: den vergeblichen Versuchen, sich als Schriftsteller (oder Schauspieler) in der Nachkriegszeit zu etablieren, dem schwieriger werdenden Verhältnis zum Vater und schließlich der Enttäuschung durch einen Freund, der zugleich Finanzverwalter seines Geldes war und nicht nur Endes Vermögen an der Börse verzockte, sondern Ende zugleich einen riesigen Schuldenberg von 7 Millionen D-Mark verursacht hat. 

Allerdings: Beim Lesen von Charlotte Roths Roman bekommt man den Eindruck, dass es Michael Ende mehr Verdruss bereitete, dass die Verfilmung der "Unendlichen Geschichte" aus Sicht Endes ein Desaster war, als dass es er vom Millionär zum Hochverschuldeten wurde. 

Die Sprache des Buches kommt an manchen Stellen sehr opulent daher, wenn über Ingeborg Hoffmann, Endes spätere Ehefrau und rechte Hand, etwa gesagt wird, ihre "Augen waren Bojen, um die der Ozean hätte tosen können, ohne dass sie sich erschüttern ließen". Das Nachmittagslicht kann da schon mal "wie Honig vom Himmel tropfen".