Rezension

sehr französisch

Das Apfelblütenfest -

Das Apfelblütenfest
von Carsten Henn

Inhalt:
Jules ist neun Jahre alt, als er in einen alten Apfelbaum ein Stellengesuch einritzt, bei dem er eine Haushälterin für seinen alleinstehenden Vater sucht. Niemand meldet sich und die Zeit vergeht. Als Jules 32 Jahre alt ist, meldet sich die bezaubernde Lilou während des Apfelblütenfestes bei ihm, denn sie entdeckt das alte Gesuch genau an ihrem Geburtstag – ob das Schicksal es gut mit ihnen meint …

Stil:
Richard Barenberg hat eine wundervolle Stimme, ruhig, emotional, lebendig und absolut mitreißend! Es ist ein Erlebnis, diese Geschichte mit seiner Stimme zu durchleben. Dieses durchleben ist bei der Geschichte absolut wörtlich zu nehmen, denn es passiert so viel in einem Jahr (in dem die Geschichte spielt), dass von glücklich über traurig alles dabei ist. Die Handlung ist höchst emotional (menschlich) und sehr kulinarisch, was die französische Küche angeht. Bei letzterem war es mir teilweise zu viel, es wird sehr viel über Cidre und Calvados philosophiert und auch wie bestimmte Gerichte zubereitet werden, das war teilweise einfach drüber – wobei es auch typisch französisch ist, sich stundenlang über kulinarisches auszutauschen. Die menschlichen Geschichten über Krankheiten, Gewalt und Unfälle wirken so realistisch, dass mir zwischendurch die Tränen kamen und andererseits schon vorab klar war, wo die Reise hingeht, dass ich nur dachte „wie lange muss ich mir das jetzt noch anhören?!“. Die Ausdrucksweise ist sehr blumig, stellenweise überspitzt und dann wieder sehr sachlich, hier hat sich Carsten Henn sehr von der herrschenden Atmosphäre leiten lassen und die stilistischen Mittel gut eingesetzt.

Charaktere:
Jules ist ein absolut lieber Kerl, ich mochte ihn sehr und fand seine Einstellung zu seiner Krankheit bemerkenswert. Auch zeigt es, dass eine Krankheit schneller reift, wenn unsere Seele unglücklich ist.

Lilou ist eine interessante Persönlichkeit, aber mitunter hat sie Phasen, welche absolut unverständlich sind. Dieses ewige auf dem heißen Brei herumkauen und nicht auszusprechen was sie denkt und dann dieses direkte unverschämte, was überhaupt nicht zum anderen passt. Sie war schwer zu greifen und wirkte daher nicht ausgereift.

Die anderen Charaktere waren nettes Beiwerk, füllten die Lücken und brachten die Geschichte vorwärts. Einzig mit den Unterhaltungen zwischen Lilou und ihrer Freundin hatte ich Schwierigkeiten. Sie sprach Lilou immer mit „süße“ an. Das ist absolut untypisch – lt. Rücksprache mit Muttersprachlern.

Cover:
Das Cover ist schlicht, hat den alten Apfelbaum im Zentrum – dieser bringt die Geschichte ja schließlich auch ins Rollen und die Farben wirken verträumt und beruhigend. Es passt also wunderbar zum Inhalt.

Fazit:
Eine Liebesgeschichte mit vielen Wendungen, noch mehr kulinarischen Exkursen und einem emotionalen Ende. Mich konnte das Hörbuch stellenweise überzeugen und partiell hat es mich gelangweilt, daher vergebe ich nur 3 Sterne und eine Hörempfehlung an Freunde der französischen Küche, Weinliebhaber und an Leser:innen, welche tragische Liebesgeschichten mögen.