Rezension

Sehr glaubwürdig, aber auch sehr heftig

The way I used to be -

The way I used to be
von Amber Smith

Bewertet mit 5 Sternen

Achtung: Band 1 einer Reihe, aber man kann mit dem Ende leben.

 

Triggerwarnung: Vergewaltigung, Trauma.

 

Von einem Moment auf den anderen teilt sich Edens Leben in ein Davor und Danach. Ein Davor, in dem sie bloß eine junge Frau war, fast noch ein Kind, langweilig, durchschnittlich, unsichtbar. Und ein Danach, in dem nichts mehr so ist, wie es vorher war und vor allem nicht Eden.

Nichts ist mehr normal, aber für die Welt da draußen hat sich nichts verändert. Niemand sieht, dass sie nicht mehr die Eden ist, die sie gestern noch war, niemand deutet ihr Verhalten richtig und Eden kann das, was geschehen ist, einfach nicht in Worte fassen, zu sehr ist das, was ER ihr in dieser Nacht sagte, in ihren Verstand eingedrungen: „Niemand wird dir glauben“ und „wenn du etwas sagst, bringe ich dich um“.

Eden sagt nichts, sie wird nur eine andere Eden – Eden 2.0.

 

 

Was Eden passiert ist, ist schrecklich und grausam und passiert viel zu vielen Mädchen und Frauen auf der Welt. Und doch sind die Gedanken unmittelbar nach der Tat immer dieselben: Warum habe ich es nicht kommen sehen? Warum habe ich es nicht verhindert? Warum habe ich nicht dieses oder jenes getan, dann wäre es nicht passiert. Und wie so oft bei Opfern in Edens Alter, ist der Täter jemand, dem sie vertraute, der ein Teil ihres Lebens, ihrer Welt war, Kevin, der beste Freund ihres großen Bruders und für Eden praktisch ein zweiter großer Bruder. Und das macht es für sie nur noch schwieriger.

 

Man erlebt an ihrer Seite die unterschiedlichen Stadien der Bewältigung bzw. des Traumas. Zuerst der Schock, dann die Vorwürfe an sich selbst. Warum hat sie nicht die Tür abgeschlossen? Andererseits, warum sollte sie, wenn sie es sonst nie tut? Wie hätte sie es ahnen können oder sollen, dass Kevin ihr das antun wollte? Sie konnte es nicht wissen, sie konnte es nicht verhindern. Aber die Stimme in ihrem Kopf sieht das anders.

 

Ihr Umfeld bemerkt, dass etwas los ist, findet aber lauter „simple“ Gründe dafür. Ihre Mutter sieht das Blut in ihrem Bett – also muss Eden ihre Tage bekommen haben. Eden will Kevin nicht mehr begegnen, also ist sie eifersüchtig auf ihn – oder noch schlimmer, in ihn verknallt, was auch Kevin als Story in Umlauf bringt. Eden verändert sich, verhält sich anders – sie ist eben ein launischer, schwieriger Teenager. Für alles werden Erklärungen gefunden, niemand kommt auf die Idee, dass etwas geschehen sein könnte und je mehr Zeit vergeht, desto schwieriger wird es für Eden, selbst noch daran zu glauben, dass ihr etwas passiert ist und nicht sie das Problem ist.

 

Eden verändert sich auch in ihrer Erzählweise, sie wird distanzierter, kühler, geht mehr auf Abstand zum Leser, wie sie auch auf Abstand zu allen in ihrem Umfeld ging. Verzweifelt versucht sie, mit dem Geschehenen klar zu kommen, durch Verleugnen und Verdrängen und später auch, indem sie versucht, die Kontrolle über ihren Körper zurückzubekommen.

 

 

Fazit: Toll dargestelltes Trauma, aber teilweise echt hart zu lesen. Leider bleibt man lange recht auf Distanz zu Eden, wie auch sie sich von ihrem Trauma und allem anderen distanziert. Da wird das toll auf die Erzählweise übertragen, sorgt aber auch dafür, dass man sich schwerer damit tut, bei Eden zu bleiben. 

Niemand sieht was mit ihr los ist, alles wird auf die Hormone geschoben oder sie als „schwierig“ oder „Bitch“ abgestempelt. Sie zeigt deutliche Anzeichen aber niemand weiß sie zu deuten. Das finde ich vor allem auch deswegen wichtig, damit man selbst einen Einblick bekommt, welche Verhaltensmuster oder Verhaltensänderungen vielleicht ein Hinweis bzw. Warnzeichen sind. Es passiert so vielen Mädchen, dass sie zu Opfern werden und die meisten von ihnen schweigen darüber aus unterschiedlichen Gründen. Aber wenn das potenzielle Umfeld lernt, worauf es achten kann, vielleicht kann dann dieses Buch nicht nur den Opfern eine Stimme geben, sondern auch das potenzielle Umfeld schulen, worauf es achten kann und sollte, um vielleicht einem betroffenen Mädchen oder einer Frau, die Gelegenheit zu geben, ihr Schweigen zu brechen und wenn es nur für sie ist, damit sie nicht mehr mit diesem Geheimnis leben muss, das ihr durch die Tat eines anderen aufgezwungen wurde.

Das Ende hätte ich persönlich mir mit mehr Ausblick auf die Zukunft gewünscht, aber da ich mittlerweile erfahren habe, dass es ein zweites Buch geben wird, denke ich, wird das deswegen so sein.

 

Das Buch ist heftig, aber auch richtig gut. Man wird lange auf Distanz gehalten, aber auf mich wirkte das wie ein Stilmittel, um Edens Distanz zu allem und jedem deutlich zu machen. Von mir bekommt es volle 5 Sterne und ich werde definitiv auch Band 2 lesen.