Rezension

Sehr spannender Schweden-Krimi und ein neues interessantes Ermittlerteam

Der Schmetterling - Gabriella Ullberg-Westin

Der Schmetterling
von Gabriella Ullberg-Westin

Bewertet mit 5 Sternen

Johan Rokka kehrt nach einigen Jahren im Polizeidienst in Stockholm zurück in seine Heimat, der Kleinstadt Hudiksvall, wo er noch während seines Urlaub, zwischen unausgepackten Umzugskartons hockend, gleich zu seinem ersten Einsatz gerufen wird: Die Ehefrau des berühmten schwedischen Fußballers Mans Sandin wurde ermordet. Für Rokka besonders brisant: Sandin gehörte einst zu seinem Freundeskreis, bestehend aus Schulkameraden und Fußball verrückten Teenagern, bis Sandin entdeckt und gefördert und weltberühmt wurde. Rokka und sein Team ermitteln in mehrere Richtungen und haben dabei nicht nur ihre Vorgesetzten im Nacken, sondern auch die nationale und internationale Presse, die sich wie die Geier auf die Story stürzen. Bald geschieht ein weiterer brutaler Mord im Umfeld des Trabrennsports: Ein Spieler, der höhere Summen gewettet und gewonnen hat. Was zunächst einfach aussieht, entpuppt sich bald als Geflecht aus Lügen, Betrug, Erpressung und Mord, und Rokka muss feststellen, dass er bald auch in seinem eigenen Freundeskreis ermitteln muss…

Sehr solider, gut geschriebener und fesselnder Schweden-Krimi mit gut gezeichneten vielschichtigen Charakteren und einem spannenden Kriminalfall. Als Leser und Krimifan ist man sofort in der Geschichte drin und ermittelt fleißig mit. An sich als klassischer Whodunnit-Krimi konzipiert, erweist sich die Geschichte als komplexer als zunächst gedacht und überrascht durchaus mit einigen unvorhergesehenen Wendungen. Die Autorin versteht es sehr gut, die Spannung langsam aber stetig zu erhöhen, was ihr erstens vor allem durch die vielen verschiedenen Erzählstränge und Perspektiven gelingt und zum Zweiten durch die persönliche Involviertheit ihrer starken Hauptfigur Johan Rokka. Auch merkt man ihren Beschreibungen der Umgebung an, dass sie sehr vertraut ist mit Hudiksvall – es ist ihre Heimatstadt -, denn das kommt alles sehr realistisch rüber. Die Handlung wird durch die unterschiedlichen Perspektiven gehörig nach vorne getrieben und auch die Ermittlungsarbeit ist gut nachvollziehbar, so dass sich nach und nach die Hintergründe offenbaren. Besonders die kursiv hervorgehobenen Einschübe in Briefform treiben die Spannung meines Erachtens gewaltig in die Höhe. Anfangs können die verschiedenen Perspektiven noch ein wenig verwirren und man fragt sich nach den Zusammenhängen, aber dadurch erlangt der Leser tiefe Einblicke in das Geschehen und die Gedanken- und Gefühlswelt aller Protagonisten, die Autorin verwebt einfach sehr geschickt die verschiedenen Stränge und am Ende kommt die Lösung als großes Ganzes ganz hervorragend schlüssig daher.

Rokka als Charakter polarisiert – manchmal war er mir direkt unsympathisch, dann wieder fand ich ihn klasse, was zeigt, dass er kein einfacher Charakter, aber gerade durch seine menschlichen Schwächen authentisch ist. Eigentlich ist er ein ganzer Kerl, ein Single, der um die Häuser zieht und mit den Kumpels einen trinken geht, der unüberlegt Dinge heraushaut und manchmal ganz schön taktlos sein kann. Dann wieder ist er verletzlich und voller Selbstzweifel. Eines jedoch passt immer: Seinen Job macht er gewissenhaft und mit viel Gerechtigkeitssinn und Einfühlungsvermögen und ohne Rücksicht auf sein Privatleben, und er gibt seinem Team allen Rückhalt und traut ihnen große Kompetenz zu.

Auch wenn Rokka ein starker Charakter ist, so sind ihm die anderen Figuren durchaus gewachsen. Auch sie sind menschlich gezeichnet und überzeugen durch Vielschichtigkeit und eigenständige Persönlichkeiten. Meine weibliche Lieblingsfigur war natürlich sofort Kriminaltechnikerin Janna Weissmann, eine Außenseiterin mit schwieriger Kindheit, aber auch Pelle Almen, der eigentlich einer anderen Einheit angehört, den Rokka aber sofort rekrutiert, und den leicht skurrilen Kriminaltechniker Hjalmar Albinsson fand ich so interessant, dass ich mehr über sie erfahren wollte. Und der eine oder andere, wie zum Beispiel Angelica Fernandez, hat mich auch positiv überrascht.

Fazit: Sehr gelungener Schweden-Krimi ohne die oft gewollt düstere Atmosphäre und/oder depressive Grundstimmung, sehr spannend mit authentischen Charakteren und viel Lokalkolorit. In Deutschland der erste Fall für Johan Rokka und sein Team, in Schweden sind ja schon mehrere Bände erschienen. Nun darf man hoffen, dass die Reihe auch in Deutschland ihre stetige Fortsetzung findet!