Rezension

Spannend, aber eigentlich nur eine Einführung

Dohlenwinter - Anders Björkelid

Dohlenwinter
von Anders Björkelid

Bewertet mit 4 Sternen

Sie sind unzertrennlich, ein Herz und eine Seele, während sie ein abgeschiedenes Leben auf dem abgelegenen Hof ihrer kleinen Familie führen. Sie glauben sich sicher dort.
Bis der Unwinter bevorsteht.

 

Die Zwillinge Wulf und Sunia sind zufrieden mit dem, was sie haben, selbst wenn sie sich nie zu den Bewohnern des nahen Dorfes zugehörig fühlten. Seltsam finden sie nur, dass ihr Vater, ein hervorragender Jäger, lieber Bauer sein will, ein Handwerk, das er kaum beherrscht.
Erst als sie unabsichtlich einen Kobold gefangen nehmen und dieser sie mit einer unheilvollen Prophezeiung erschreckt, entdecken sie allmählich, dass ihnen etwas Wichtiges verschwiegen wurde. Zudem erscheint plötzlich ein ominöser Fremder, dessen Auftauchen ihr gesamtes Weltbild auf den Kopf stellt.
Und auf einmal müssen sie erkennen, dass der nahende Winter nicht bloß der kälteste sein wird, den sie bisher erlebt haben, sondern auch der tödlichste.

 

 

Auf Dohlenwinter wurde ich auf der Frankfurter Buchmesse aufmerksam und dank der Inhaltsangabe wusste ich: „Das musst du unbedingt lesen!“ Und meine Erwartungen wurden beinahe alle erfüllt.
Was mir sehr gut gefallen hat, waren die Figuren. Besonders Sunia und Wulf haben es mir angetan. Sie sind beide hervorragend herausgearbeitet, jeder mit seinen Stärken und Schwächen und genauso unterschiedlich, wie sie sich ähnlich sind. Hier fand ich vor allem dem Kniff des Autors genial, die zwei sich langsam entfremden zu lassen, sodass man ab einem gewissen Punkt nicht mehr einschätzen kann, inwieweit sie sich verändert haben. Und ob sie vielleicht im schlimmsten Fall irgendwann zu Feinden werden oder nicht. Diese Entwicklung macht es so spannend, die Geschwister zu verfolgen und zu rätseln, was mit ihnen im Laufe der Geschichte passieren wird und welche Geheimnisse über sie noch ans Licht kommen.
Die übrigen Charaktere sind ebenfalls sehr lebendig und mit wenigen Sätzen so liebevoll gestaltet, dass man sie sofort bildlich vor Augen hat, sowohl die vermeintlich „Guten“ als auch die „Bösen“.

 

Der Schreibstil ist relativ schlicht gehalten und passt daher perfekt zu dem einfachen Leben, das die Hauptprotagonisten zu Anfang führen. Gleichzeitig gelingt es Börkelid, hoch im Norden eine magische, unglaublich bildhafte und zudem sehr düstere Welt zu erschaffen, die sich dem Leser erst nach und nach erschließt und einen immer mehr in ihren Bann zieht. Das Spannende dabei ist natürlich, die einzelnen Hintergründe darüber zu erfahren, woher Sunia und Wulf wirklich stammen, was es mit dem Fremden auf sich hat und noch vieles mehr, über das ich kaum etwas verraten kann, ohne zu spoilern. Außerdem sorgt ein interessanter Perspektivenwechsel dafür, dass man noch mehr rätseln und mitfiebern kann, als es zuvor der Fall gewesen ist.
Leider, und das ist mein einziger wirklicher Kritikpunkt, hatte ich auf der letzten Seite des Buches das Gefühl, lediglich eine knappe Einführung erhalten zu haben. Die einzelnen Ereignisse sind spannend, keine Frage, aber das eigentliche Abenteuer hat am Ende noch gar nicht begonnen. Das macht zwar sofort Lust auf einen weiteren Band dieser Saga, frustriert mich allerdings auch, weil ich mit so einem abrupten Schluss überhaupt nicht gerechnet hatte.

 

 

Anders Börkelids erster Jugendroman Dohlenwinter ist eine magievolle Geschichte voller Geheimnisse und mystischer Rätsel. Mit liebvoll gestalteten Figuren, einer düsteren, nordischen Atmosphäre, die einen schnell in seinen Bann zieht, und einer spannenden Handlung konnte mich der Autor von seinem Werk überzeugen.
Nur das Ende kam mir etwas zu abrupt, vor allem im Vergleich zu den relativ ausführlich beschriebenen Ereignissen zuvor.
Wer skandinavische Mythen liebt, ungewöhnliche Perspektiven mag und interessante, sehr bildhafte Charaktere bevorzugt, für den ist dieses Buch auf alle Fälle lesenswert