Rezension

Spannend und abwechslubgsreich

Rattenfängerin - Claudia Weiss

Rattenfängerin
von Claudia Weiss

„...Ein guter Vergleich ist der, der auf die Mitte zielt, General...“

 

Wir schreiben das Jahr 1713. Im Festsaal des Hauses von Graf Vellingk haben sich die Honoratioren der Stadt Hamburg versammelt. Die Schweden stehen vor den Toren. Für Hamburg aber ist die Entscheidung gefallen. Die Stadt hat sich freigekauft. Dafür wird die dänische Stadt Altona niedergebrannt.

Im Hause des Anwalts Hinrich Wrangel denkt seine Frau Ruth darüber nach, wie sie den Flüchtlingen helfen kann. Bei ihrer Hilfsaktion lernt sie die hochschwangere Eva Brachfeld kennen.aus dem brennenden Altona aber fliehen nicht nur die Menschen, sondern auch die Ratten. Und diese lassen sich von den geschlossenen Hamburger Stadttoren nicht aufhalten.

Die Autorin hat einen spannenden historischen Roman geschrieben. Den Handlungsrahmen bilden der Nordische Krieg und die Pest in Hamburg.

Im Mittelpunkt stehen zwei Frauen: Eva Brachfeld und Ruth Wrangel. Eva, die den Pietisten angehört, möchte Kindern helfen und macht sich dabei schuldig. Ruth ist Herrin über Haus und Hof. Hinrich lässt ihr in ihrem Tun und Handeln freie Hand, denn er weiß um die Stärken seiner Frau. Nur in einem Fall ist sein Wort endgültig. Bevor die Tore Hamburgs wegen der Pest geschlossen werden, schickt er Ruth und die Kinder auf das Landgut nach Borstel. Auch das Verschwinden von Greta, der kleinen Tochter des Pastors, kann ihn von seiner Meinung nicht abbringen.

Der Schriftstil des Buches lässt sich angenehm lesen. Gut wiedergegeben werden die politischen Verhältnisse und die diffizilen Bündnisse im Nordischen Krieg. Bei Ankunft der Russen unter Zar Peter I. kann Wrangel seine Fähigkeiten als Verhandlungsführer einbringen. Sein Gespräch mit Menschikow gehört für mich zu den sprachlichen Höhepunkten des Buches. Obiges Zitat stammt daraus. Ausführlich dargestellt werden die Folgen der Pest für das städtische Leben. Interessant fand ich die aufgezeigten Möglichkeiten der Hygiene, der Behandlung der Kranken, aber auch die abergläubischen Vorstellungen. In dieser Atmosphäre der Angst hat keiner Zeit, sich um verschwundene Kinder zu kümmern. Sehr genau werden die Emotionen der Protagonisten wiedergegeben. Nach der Trauer um den Sohn ist die Angst der Pastorenfamilie um die verschwundene Tochter mit Händen greifbar. Die Szenen mit Greta wiederum, die nicht bereit ist, sich kampflos ihrem Schicksal zu fügen, lassen mich als Leser hoffen, bangen und mitfiebern, ob alles wieder in Ordnung kommt.

Der Autorin gelingt es, den Spannungsbogen hoch zu halten. Dafür sorgen der geschickte Wechsel zwischen den Handlungsorten, die unterschiedlichen Erzählstränge und Protagonisten, die vielschichtig angelegt sind. Ein besonders gelungenes Beispiel dafür ist der Diplomat Abensur. Taktieren und Lancieren scheinen ihm in die Wiege gelegt. Doch im entscheidenden Moment siegt sein Gewissen.

Eine ausführliche Darstellung der historischen Fakten und ein Glossar ergänzen das Buch.

Das Cover mit dem Blick auf den Hafen passt zum Thema.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Die Autorin versteht es, historische Fakten und eine fesselnde Handlung zu einer Einheit zu verbinden.