Rezension

Spannender Krimi

Perchtoldsdorfer Schweigen -

Perchtoldsdorfer Schweigen
von Christian Schleifer

Bewertet mit 5 Sternen

„...Die morgendliche Kälte und der Schock ließen Luca das Blut in den Adern gefrieren, er konnte keinen Schritt mehr machen. Erst nach einigen Momenten ging er wie ferngesteuert auf den Körper zu...“

 

So hatte sich Luca seinen Urlaub bei seiner Freundin Flora nicht vorgestellt. Erst am Abend war er mit seinen Eltern aus Italien gekommen. Und nun stolpert er über eine Leiche im Weingut der Familie Nöhrer. Er weckt Flora und die ihre große Schwester Charlotte.

Der Autor hat einen fesselnden Krimi geschrieben. Die Geschichte hatte mich schnell in ihren Bann gezogen.

Der Schriftstil ist abwechslungsreich. Neben ernsten Stellen kommt der Humor nicht zu kurz. Außerdem erfahre ich eine Menge über Land und Leute.

Die Personen werden gut charakterisiert. Charlotte, die im Weingut einige Neuerungen eingeführt hat und damit im Dorf nicht nur auf Wohlwollen gestoßen ist, war früher bei der Polizei. Geblieben ist ihr ihre Neugier und ihre Lust am Ermitteln. Obwohl ich den ersten Band der Reihe nicht kenne, hatte ich kein Problem, der Handlung zu folgen.Ab und an gibt es kurze Informationen, nicht zu viel und nicht zu wenig.

Der Tote wird am Tage des Hiataeinzugs gefunden. Eigentlich hat Charlotte da alle Hände voll zu tun. Dass es bei diesem Umzug eine weitere Leiche geben wird, kann sie noch nicht ahnen.

Flora hat währenddessen ein anderes Problem. Die neue Geschichtslehrerin beauftragt ihre Schüler und Schülerinnen, in den Familien Informationen über die Nazizeit zu sammeln. Die einzige, die etwas wissen könnte, ist die Omama. Die aber kann sich angeblich an nichts erinnern, weil sie zu jung war.

 

„...Die Frau Weber bestand aber darauf, und daran konnten auch aufgeregte Beschwerdeanrufe und E – Mails von Eltern nichts ändern. Sie war der Ansicht, dass man die Zukunft nur bewältigen konnte, wenn man die Vergangenheit verstand...“

 

Bei einem Spaziergang von Charlotte und Andrea buddelt der Hund in einem Loch und bricht ein. Plötzlich stehen sie in einem alten Nazi – Bunker. Dort finden sie Weinflaschen von einem Weingut Goldmann. Wo soll das gewesen sein? Angeblich kennt es keiner. Nun streckt Charlotte verstärkt ihre Fühler aus.

Plötzlich vermischen sich Gegenwart und Vergangenheit. Gibt es eine Beziehung zwischen den Toten und dem Weingut Goldmann?

Auf sehr emotionale Weise vermittelt der Autor, was im Jahre 1940 geschah. Und mancher, der seitdem Dreck am Stecken hat, spielt nach wie vor den braven Bürger.

Doch es gibt auch viele humorvolle Stellen im Buch. Natürlich hat der Hiataeinzug seine Nachwirkungen. Bei Charlotte klingt das so:

 

„...Die Charlotte wollte den wahrscheinlich letzten halbwegs warmen Tag des Jahres nützen, um sich endlich ihres Rausches vom Vorabend zu entledigen. Dazu brauchte es, natürlich, Alkohol. Man wollte den Spiegel ja nicht gefährlich schnell sinken lassen...“

 

Das Buch zeichnet sich durch eine geschickte Kombination von Dorfleben und Ermittlungen aus. Häppchenweise wird eingeflochten, was einst mit der Familie Goldmann passierte und welche Spuren es heute noch von der Familie gibt. Sehr bewusst werden die Motive der Täter herausgearbeitet. In einem Protokoll aus dem Jahre 1940 klingt das o:

 

„...Wieso kommst du mit dieser Information erst jetzt zu mir? Hat das vielleicht etwas damit zu tun, dass du seit Monaten erfolglos versuchst, die Goldmanns von einem Verkauf zu überzeugen?...“

 

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen.