Rezension

Super Buch, super Lesung

Das Lied der Krähen - Leigh Bardugo

Das Lied der Krähen
von Leigh Bardugo

Bewertet mit 5 Sternen

„Das Lied der Krähen“ zählte 2017 zu meinen Jahreshighlights und hat mich so stark beeindruckt, dass ich jetzt sogar noch zum Hörbuch gegriffen habe, was ich eigentlich gar nicht vorhatte. Denn ehrlich: Eine Geschichte über eine Bande 16-/17-jähriger, sechs unterschiedliche Haupt-Charaktere, davon zwei weibliche, ständige Perspektivwechsel und das alles vorgetragen von einem einzigen, über 50 Jahre alten Sprecher? Klappt das? Ich war skeptisch und im Vorfeld total enttäuscht, dass das Buch nicht - wie in Amerika - mit mehreren, jungen Leuten umgesetzt wurde.

Inzwischen muss ich sagen: Alle Achtung! Frank Stieren kann was! Eine junge Sprecherriege wäre mir zwar lieber gewesen, was aber nichts daran ändert, dass Frank Stieren ein wirklich großartiger Geschichtenerzähler ist, dem ich gerne stundenlang weiter zugehört hätte.

Muss ich zur Story noch viel schreiben? „Das Lied der Krähen“ ist für mich das Beste, was es im All-Age-Fantasy-Bereich derzeit zu lesen gibt. Ein Einbruchsszenario à la Oceans Eleven, mit wirklichen, menschlichen Figuren und nicht zuviel Liebesgeschmalze - angesiedelt in der kargen, magischen Welt der Grischa. Hier und da hört man, das Buch sei zu kompliziert für Leser, die Bardugos Grischa-Trilogie nicht kennen. Das mag zu Beginn so sein. Selbst ich - die zumindest zwei Teile der Reihe kannte - brauchte 50 Seiten, um mich einzulesen. Ich behaupte jedoch, dass man der Geschichte trotzdem gut folgen kann, mit etwas Geduld und Konzentration. Denn vieles erklärt sich im Laufe der Handlung von selbst.

Und DIE ist nicht nur hervorragend durchdacht, sondern wird obendrein von absolut ungewöhnlichen Protagonisten bereichert, deren Beziehungen untereinander teilweise ganz schön kompliziert sind, was die Sache noch spannender macht. Perspektivwechsel, Rückblicke, dann wieder eine Etappe in der Gegenwart - über weite Strecken lernt man erstmal die Personen nach und nach kennen. Da gibt es Kaz Brekker, auch genannt Dirtyhands, der abgezockte Kopf der Gruppe, Inaj, der Schatten, eine Meisterin der Tarnung und wahre Akrobatin, Nina, eine Magierin, Matthias, ein Soldat, Jesper, der Sprengstoffexperte und Wylan, der aus einem besonderen Grund wertvoll für die Gruppe ist. Bis sich die Spannung im letzten Drittel massiv steigert, hat Bardugo jedem von ihnen ein markantes Gesicht verliehen, alle einmal quer durchs Land geschickt und mich völlig in den Bann ihrer Geschichten geschlagen. Schließlich sind sie am Ziel angekommen: dem Eistribunal, wo sie einen ganz und gar unmöglichen Coup landen wollen, um etwas zu stehlen, was von unschätzbarem Wert, aber auch von großer Gefährlichkeit ist. Was das ist? Selbst lesen! Oder hören! Unbedingt! Teil 2 der Dilogie erscheint nach dem Sommer und ich kann es kaum erwarten!