Rezension

Tod eines Wattwanderers

Der Holländer -

Der Holländer
von Mathijs Deen

Bewertet mit 5 Sternen

In der Emsmündung zwischen Emden, dem niederländischen Delfzijl und der Insel Borkum wird auf der Sandbank „De Hond“ vom niederländischen Grenzschutzes ein Toter gefunden. Der Mann ist Deutscher, ein bekannter Langstrecken-Wattwanderer. Unklar ist jedoch, ob die Sandbank niederländisches oder deutsches Staatsgebiet ist; denn Sandbänke wandern, wie Geeske Dobbenga von der Besatzung des niederländischen Patrouillenboots feststellt. In diesem Bereich gab es bereits Streitigkeiten zwischen deutschen und niederländischen Fischern, weil der Grenzverlauf nicht endgültig festgelegt wurde. Der tote Klaus Smyrna gehörte zu einer Gruppe Wattwanderer, die ihr Hobby wie Extremsport betrieben und anspruchsvolle Strecken sammelten. Anders als geplant, waren Klaus und Peter ohne ihren dritten Mann ins Watt aufgebrochen, um eine weitere Rekordstrecke zu erwandern - Peter erreicht das Ziel jedoch allein. Bei seiner ersten Befragung wirkt der Mann verwirrt, er scheint nicht gerade ein zuverlässiger Zeuge zu sein.

Liewe Cupido von der Bundespolizei, in Deutschland geboren und auf der Insel Texel aufgewachsen, sticht bei seinen halboffiziellen Ermittlungen in die alles andere als konfliktfreie Beziehung dreier ehrgeiziger Männer und ihrer Ehefrauen, die vor der Ehe einmal eine enge Beziehung zueinander pflegten. Liewe, "der Holländer“, recherchiert, wie bei auflaufendem Wasser an genau dieser Stelle ein Toter angeschwemmt werden konnte, ob es vom Festland aus Augenzeugen gegeben haben konnte – und warum das Team überhaupt ohne seinen dritten Mann zu der anstrengenden Tour startete.

Mathijs Deens stimmungsvoller Roman um einen Ermittler, der in zwei Kulturen sozialisiert wurde, beginnt exakt beschreibend wie ein Naturbuch über das Ökosystem Wattenmeer, biegt ab zu den Menschen die hier aufwuchsen, bis es an die Aufklärung des verdächtigen Todesfalls geht. Die Region aus Salzwiesen, Deichvorland und Nordseeinseln prägt ihre Bewohner, die unterbewusst stets den Gezeitenkalender aus ab- und auflaufendem Wasser im Kopf haben. Ein anderer als „der Holländer“ hätte die Nickeligkeiten zwischen Behörden in zwei Ländern, die Konkurrenz unter prominenten Extremsportlern und alte Geschichten dahinter wohl kaum so taktvoll und unauffällig auseinander klamüsern können wie Liewe Cupido. Eine Studie über Menschen von der Waterkant, über ein hochinteressantes Öko-System und schließlich auch ein Krimi, dessen Lösung beinahe zu komplex geraten ist. Andreas Eckes hervorragende Übersetzung des maritimen Textes hat mich einige Male verblüfft zurückblättern lassen, ob es sich hier nicht doch um deutsches Original handelt.  Wer sich von Ecken und Kanten  knorriger Küstenbewohner unterhalten lassen und dabei ins Vokabular der Nordseeküste eintauchen will, wird Deens Kriminalroman mögen.