Rezension

Über die Macht der Bücher, den Mut, den sie geben, und die Magie des Neubeginns.

Das Mädchen, das in der Metro las - Christine Féret-Fleury

Das Mädchen, das in der Metro las
von Christine Féret-Fleury

Bewertet mit 5 Sternen

Die wundersame Bibliothek. Juliette arbeitet in Paris bei einer Immobilienagentur. Sie ist ein sehr feinsinniges Geschöpf, daher auf diesem Posten eine Fehlbesetzung. Doch zuverlässig wie ein Uhrwerk sitzt sie, meist in ihren blassblauen Schal gewickelt, auf dem Weg zur Arbeit in der Metro und beobachtet Fahrgäste oder liest. Schon als Kind hatte ihr in der Buchhandlung ihres Großvaters der Geruch von Büchern gefallen - das Antiquariat war Juliettes Palast aus Tausendundeiner Nacht gewesen. Mal begibt sie sich mit Marcel Proust auf die Suche nach der verlorenen Zeit, mal begleitet sie Hercule Poirot im Orientexpress Richtung Istanbul - manchmal beobachtet sie auch einfach die Menschen um sich herum, die in ihre Lektüre vertieft sind. Es sind die Bücher, die Juliettes Leben Farbe verleihen. Als sie eines Tages beschließt, zwei Stationen früher auszusteigen, begegnet sie dem schrulligen Soliman, der mit seiner Tochter Zaïde inmitten seiner Bücherstapel lebt. Recht zauberhafte Umstände führen nun auch Juliette und Soliman zusammen, einen ungewöhnlichen Mann, der eine Tochter hat und einen unermesslichen Schatz an Büchern besitzt. Soliman glaubt, dass jedes Buch, wenn es an die richtige Person übermittelt wird, die Macht hat, ein Leben zu verändern. Auserwählte Boten liefern für ihn diese kostbare Fracht aus, an die, die sie nötig haben. Soliman möchte Juliette auf eine Mission schicken. Sie soll als Kurierin arbeiten und dabei ausgewählte Menschen mit den passenden Geschichten zusammenbringen. Zunächst noch skeptisch, läuft die Kennerin der Weltliteratur zu Hochform auf. Bald wird Juliette zu einer Botin, und zum ersten Mal haben die Bücher einen wirklichen Einfluss, auch auf ihr Schicksal. Diese Geschichte ist für einen Buchliebhaber über einen Buchliebhaber. Es ist auch eine Geschichte, die anregt, die eigenen Zwänge abzustreifen und sich ins Abenteuer zu stürzen - denn es wartet immer irgendwo die liebevolle Umarmung eines Buches. Sehr einfühlsam wird hier die Geschichte von Juliette erzählt. Eine wundervolle, autobiografische Liebeserklärung an die Welt der Bücher. Erfrischend und eine tolle Lektüre für den Abend oder für einen gemütlichen Nachmittag! Hat was für Fans von "Die fabelhafte Welt der Amelie". "Das Mädchen, das in der Metro las" ist eine Hommage an die Kraft von Geschichten, ein literarisches Kleinod im Büchersommer.