Rezension

Über ein kleines Dorf

Vardo - Nach dem Sturm - Kiran Millwood Hargrave

Vardo - Nach dem Sturm
von Kiran Millwood Hargrave

In Vardø stehen Frauen im Mittelpunkt. Ich würde das Buch nicht feministisch nennen, doch dieses Adjektiv ploppte während des Lesens doch öfters in meinem Kopf auf.

In diesem Buch spielen Frauen die Hauptrolle. Ich würde es nicht als eindeutig feministisch bezeichnen, aber dieses Adjektiv ploppte während dem Lesen doch immer wieder in meinem Kopf auf.

Die Geschichte handelt im 17. Jahrhundert an der nördlichsten Spitze Norwegens – genauer: auf der Insel Vardø. Dort lebt eine kleine Dorfgemeinschaft, offiziell im christlichen Glauben, doch mit dem Herzen hängt sich noch an den alten Riten der Sámi – der Ureinwohner Nordskandinaviens. Als in einer Weihnachtsnacht ein Sturm wütete und praktisch alle Männer Vardøs den Tod finden, weil sie zum Fischen auf dem Meer waren, ändert sich für die zurückbleibenden Frauen alles. Sie trauern und gleichzeitig müssen sie kämpfen, um auch ohne ihre Männer zu überleben. Sie sind gezwungen gegen ihre gesellschaftlichen Rollen zu verstoßen – so fahren sie beispielsweise selbst zum Fischen aufs Meer hinaus. Eine Schande, klagen diejenigen Frauen des Dorfes, die sich in ihrer Verzweiflung und Trauer in den christlichen Glauben flüchteten. Die anderen Frauen stemmen sich trotzig gegen dieses Urteil und reagieren fast schon provokativ. Als schließlich ein Kommissar ins Dorf kommt, getrieben von dem Wunsch Vardø von allem Heidnischen zu säubern, spitzt sich die Lage immer mehr zu.  Ich bin mir nicht sicher, ob ich das Ende der Geschichte schließlich gut finde oder nicht. Es passt, aber es hält auch keinen großen Wendepunkt bereit.

Das Buch hat mich nicht mit atemberaubenden Szenen gefesselt, nicht mit beeindruckenden Sätzen, die man einmerkt, um sie wieder und wieder zu lesen. Ich fand die schleichende Entwicklung der Geschichte spannend. Ich konnte nachvollziehen, wie sich die Fronten im Dorf verschieben, wie Konflikte zu Konflikten werden konnten, wie alle diese Frauen getrieben sind von der Tragödie dieser einen Weihnachtsnacht. Auch die Einbettung dieser fiktiven Erzählung in einen realen historischen Rahmen hat mir sehr gut gefallen, genauso wie der Wal, der als roter Faden die Geschichte zusammenhält und die Stimmung im Buch verdeutlicht.