Rezension

Überlebensgroße Figuren, spannende Ermittlungen. Hat etwas vom Psychothriller.

Schmetterlingstränen - Karin Kehrer

Schmetterlingstränen
von Karin Kehrer

Bewertet mit 4 Sternen

Spannende Ermittlungen mit prima gelungenen Figuren vor malerischen Landschaften Schottlands. Hat etwas vom Psychothriller. Sehr gut &lesenswert!

Der Roman „Schmetterlingstränen“ von Karin Kehrer zeichnet sich durch: bemerkenswerte Figuren mit psychologischer Tiefe, gut aufgebaute Spannung und angenehm treffsichere, bildhafte Sprache. Der Roman hat mich mit einigen erfüllten Lesestunden beglückt, und ich kann ihn gut und gerne weiterempfehlen.

Klappentext: „Dein Schicksal liegt in meinen Händen – so wie meines in deinen. Ich weiß, dass du auf mich wartest … Er tötet jedes Jahr im November und schmückt die Leichen mit Schmetterlingsbroschen. Maureen McPherson war sein erstes Opfer. Ihre Tochter April war Zeugin des Mordes, doch sie kann sich nicht daran erinnern. Aber er hat sie nicht vergessen und sucht noch immer nach ihr. Nach seiner Verbündeten, seiner Seelengefährtin, die ihn damals nicht verraten hat …“

Alle Figuren finde ich sehr gut gelungen: jede hat ihre Geheimnisse und ihre Macken. Sie wirken so lebendig, so zum Greifen nah, dass ich ohne Weiteres in ihre Geschichten und den Fall insg. eintauchen konnte. Protagonistin April hat schon ihr Päckchen zu tragen. Zehn Jahre nach dem Mord an ihrer Mutter lebt sie in Schottland in einem Urlaubsort im Haus ihrer verstorbenen Pflegeeltern allein, hat etliche Therapien hinter sich und arbeitet in einem Buchladen, der zu einem Café gehört, das ihre Freundin führt. Aber so richtig kommt April mit ihrer Vergangenheit nicht zurecht. Sie versucht davon wegzulaufen. Auch im wahren Sinne des Wortes: sie joggt oft durch das Dorf. Bloß das hilft wenig, wie sie sich zugestehen muss. Immer noch hallen die Geschehnisse von damals nach, die Albträume haben sie fest im Griff. Hier muss man die psychologisch besonders gut gelungene Seite in Aprils Charakter loben. Als eines Tages Benedict Holden vor ihrer Tür steht und mit ihr ein Gespräch sucht, schickt sie ihn erstmals fort. Aber der Anwalt aus London bleibt hartnäckig. Seine Schwester ist auf ähnliche Art wie die Mutter von April umgebracht worden. Benedict holden will endlich wissen, wer dieser Mörder ist. Er glaubt, April könnte ihm als Zeugin des Mordes an dem ersten Opfer weiterhelfen, wenn sie sich erinnern würde. Diese Aufgabe stellt sich allerdings als eine dar, die nicht so leicht zu knacken ist. Das gilt für beides: sich zu erinnern und den Mörder zu finden. April und Benedict müssen ihre Grenzen überschreiten und sich mit ihren alten, gut verdrängten Problemen auseinandersetzen.  Benedict ist auch sehr gut geworden. So ein anfangs etwas schnöselig wirkender Londoner Anwalt aus den besseren Kreisen, der nach und nach seinen wahren Kern offenbart. Die beiden führen einen wunderbar durch die Geschichte.

Die Handlung entwickelt sich um die Ermittlung des Mörders. Dafür muss April in das Dorf zurück und zu den Menschen, die sie als Kind gekannt haben. Sie muss sich mit der Vergangenheit und den Geschehnissen von vor zehn Jahren auseinandersetzen, um eine Lösung zu finden. Der damalige Freund der Mutter, der Künstler, der u.a. die Schmetterlingsbroschen anfertigte,  steht seit Jahren im Verdacht, und ist seitdem verschwunden. Aber ob er es wirklich war? Man rätselt um den Mörder bis zum Schluss.

Außerdem gibt es: eine Liebesgeschichte samt einer gelungenen Liebesszene, einen Ausflug nach London, Reisen zu den abgelegenen wie malerischen Inseln Schottlands, leckere Kuchen vom Aprils Freundin und ihrem Nachfolger im Café uvm.

Der Roman lässt sich flüssig dank der angenehmen Sprache lesen: bildhaft bei Landschaften und treffend insgesamt, ohne unnötigen Ballast.  Die Atmosphäre des Grauens, die durch vernebelte Landschaften Schottlands im November besonders gut zur Geltung kommt, fand ich auch sehr gut eingefangen, sowohl durch die messerscharfen Beobachtungen als auch durchs gekonnte In-Szene-setzen.

Ein Tüpfelchen auf dem „i“ waren die Gedichte englischer Romantiker wie Thomas Moore, Emily Bronte, John Clare, etc. Die Zitate in Originalsprache tragen nicht nur zum Lesevergnügen bei und passen sehr gut zum Geschehen, sie sind quasi ein Teil des Falls und helfen, den Mörder zu identifizieren.

Fazit: Ein sehr gut gelungener, lesenswerter Roman mit überlebensgroßen Figuren und guter Spannung, die zum Schluss an Stärke gewinnt. Es war schön, ja bereichernd April und Benedict kennenzulernen, und ich würde mich freuen, die beiden auch in einem weiteren Roman aus der Feder von Karin Kehrer wieder anzutreffen.

Ich vergebe hier gerne vier besonders hell leuchtende Sterne und eine Leseempfehlung für die Liebhaberinnen von spannenden Frauenromanen, Psychothrillern, oder auch Krimis.