Rezension

und plötzlich kommt der Tod

So enden wir - Daniel Galera

So enden wir
von Daniel Galera

Bewertet mit 4 Sternen

Dieses Buch beschreibt das Miteinander von den drei ehemaligen Freunden Aurora, Emiliano und Antero, nachdem sie erfahren, dass der Vierte in ihrer Runde ermordet wurde. Sie treffen sich nach 15 Jahren wieder, zur Beerdigung ihres ehemals besten Freundes Andrei, ein ehemaliger erfolgreicher Autor, und fangen an zu sinnieren über das Früher und das Heute. Damals waren alle in einem Blog zusammengekommen, sie studierten an der Uni, waren in der Underground Szene von Porto Alegre unterwegs, eher links orientiert, hatten ein Fanzine Orangotango, verfassten darin systemkritische Texte; aber auch pornografische Geschichten, Gedichte, Filme; Links, Film- und Plattenkritiken und von Drogen, Müßiggang und Poststrukturalisten beeinflusste Manifeste. Jetzt hat sich ihr Leben deutlich verändert, Aurora steht kurz vor der Doktorarbeit in Biologie, Emiliano ist freier Journalist und Antero ist Chef einer nicht unbedeutenden Werbeagentur. Und durch den Tod des Freundes kommen alle ins Nachdenken. Es geht um Veränderung, um das Leben, um frühere und heutige Ziele. Und es geht auch um Gefühle, um Anziehung, um Liebe, um Einsamkeit, um Trauer, um Verlust. Und es geht um Selbstdarstellung, um den Wert des Einzelnen in der Gesellschaft. Und es geht auch um profanen Sex, der sehr ehrlich erzählt wird. Das Ganze ist schon recht viel für dieses Buch. Aber nein, Herr Galera entwirft noch ein kleines Bild des heutigen Brasilien; Streiks, Gewalt, Armut, Korruption, die Rolle der Mächtigen werden besprochen. Und das Ganze vor dem tollen Bild/Stilmittel der übergroßen Hitze, die plötzlich herrscht und die Menschen an den Rand des Ertragbaren bringt. Und das Ganze wiederum vor dem Hintergrund der bald untergehenden Erde, von uns Menschen verursacht.

Und das Ganze in einer ganz eigenen Sprache, die berührt, anspricht, abstößt, aber immer sehr ehrlich rüberkommt, manchmal auch brachial rüberkommt. Manchmal denkt man, muss das sein. Aber ja, das muss ganz genauso sein. Denn nur genauso erzielt Herr Galera Aufmerksamkeit und einen Disput. Und das besonders Schöne an diesem Buch ist der Vergleich, den man automatisch zwischen sich und den Hauptakteuren anstellt. Und die eigenen Gedanken, die ins damals strömen, und eigene Bilder hochholen.

Dabei beschreibt der Autor recht ruhig und beobachtend, fast etwas kalt. Aber manchmal bricht auch das pure Gefühl hervor und das konnte ich besonders genießen. Dieses Buch ist nicht so die Geschichte, es wird nicht im normalen Sinne erzählt, es ist nicht so die Handlung zu finden. Es ist eher so ein Wabern zwischen den verschiedenen Charakteren und ihren Deutungen/Empfindungen.

Lest es und entscheidet selbst. Für mich ist es toll geschrieben.