Rezension

Unterhaltsam aber stellenweise geht der Handlung die Luft aus. Kein Vergleich zu den pointierten, geschliffenen Auftritten der Kabarettistin.

Omama - Lisa Eckhart

Omama
von Lisa Eckhart

Bewertet mit 3 Sternen

Faszinierend, tabulos und bitterböse

Inhalt:

Die Russen kommen!

Turbulente Nachkriegszeit und Großmutter Helga mittendrin.

Während die meisten Großeltern mit rosaroter Brille und nostalgisch verschleiertem Blick auf ihre Jugendzeit zurückschauen und die Enkel mit der Erzählung selbiger zu Tode langweiligen, gewährt Lisa Eckhart einen etwas anderen Blick auf das Leben ihrer Omama und deren Familie in den 1940ern und 1950ern.

Zudem schildert sie eine außergewöhnliche Beziehung zwischen Großmutter und Enkelin.

 

Mein Eindruck:

Die Leseprobe (Prolog) hat mir sehr gut gefallen, denn der schwarze und spitzzügige Humor der Autorin in Verbindung mit ihrem typischen Wiener Schmäh ist unverwechselbar. Auf ihr Romandebüt habe ich mich daher sehr gefreut.

Leider ist zwischen einem Bühnenprogramm und einem Roman der große Unterschied, dass die Spannung bei letzterem oft nur schwer zu halten ist.

Während ich bei Auftritten nie Schwierigkeiten hatte, dem gesprochenen Wort zu folgen, sorgt der Dialekt in Schriftform dafür, dass ich mich sehr konzentrieren muss. Ich habe nach Beenden des Buches auch noch kurz in das Hörbuch hineingehört und dort dasselbe Problem.

Positiv ist aber zu erwähnen, dass ich während der gesamten Lektüre die Stimme der Autorin im Ohr hatte. 

 

Die Geschichte ist in drei Abschnitte aufgeteilt.

Teil 1 - Die Russen kommen - im Jahr 1945 - ist noch interessant, aber ab Teil 2 - Wirtshaus - im Jahr 1955 - geht es steil bergab. Immer wieder geht hier der Handlung die Luft aus und die Wortspiele bleiben auf der Strecke.

Zusammenfassend ist dieser Teil hauptsächliche eine Charakterstudie der verschiedenen Typen einer ländlichen Gesellschaft: Dorfdepp, Dorftrinker, Dorfmatratze, Dorfpfarrer in Personalunion mit Dorfarzt u.a.

Und Oma Helga ist mittendrin (von den Eltern an den Dorfwirt verschachert, um alte Schulden zu begleichen).

In Teil 3 - 1990er bis heute - gelingt es, durch humorvolle Anekdoten, die Spannungskurve wieder etwas anzuziehen.
Der Leser erhascht einen interessanten Blick auf die Beziehung zwischen Großmutter und Enkelkind. Eine außergewöhnliche Hass-Liebe und doch voller Respekt.
Die Hintergründe bleiben aber leider zu sehr im Dunkeln.

 

Leider ist dieser Roman wenig rund im Vergleich zu den wortgewaltigen, bissigen und zynischen Auftritten der Kabarettistin.

Er ist unterhaltsam und es finden sich immer wieder bitterböse wie humorvolle Seitenhiebe auf die Dorfgemeinschaft, das Verhältnis Mutter-Kind und Großmutter-Enkelin oder diverser Nationalitäten u.a. von Deutschen und Österreichern.

Aber trotzdem wären die Anekdoten in einem Bühnenprogramm besser aufgehoben, als in Form eines Romans.

 

Fazit:

Kein Buch, welches man gelesen haben muss. 

Einzelne Anekdoten sind fein pointiert und gewohnt bissig,  aber aneinandergereiht und zur Geschichte geschustert, leider nichts Halbes und nichts Ganzes.

Vielleicht sind sie in Form des Hörbuches besser geeignet, wobei ich beim Lesen die Stimme der Kabarettistin durchgehend im Ohr hatte.

Wer Lisa Eckharts Humor teilt und liebt, dem empfehle ich, den Besuch ihres Bühnenprogramms. Dieser Roman kommt leider an die Perfektion des vorgetragenen Wortes kaum heran.

 

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Rezensiertes Buch: "Omama" aus dem Jahr 2020