Rezension

Viel mehr als Erin Brockovich 2.0

Bonfire - Sie gehörte nie dazu - Krysten Ritter

Bonfire - Sie gehörte nie dazu
von Krysten Ritter

Beim Lesen von Bonfire habe ich zunächst gedacht, Mmhh, kenne ich die Story nicht schon? Wird das hier Erin Brockovich 2.0? Doch wie so oft muss ich zugeben, dass sich das Weiterlesen und das auf das Buch Einlassen durchaus gelohnt hat.

Im Rahmen ihrer Recherchen zu einem potentiellen Umweltskandal kehrt die junge Anwältin, Abby Williams, wieder nach Barrens, die Kleinstadt, in der sie aufgewachsen ist, zurück. Hier wurde sie ausgegrenzt, hier wurde Abby zum Mobbing-Opfer. Kaum angekommen, trifft Abby auf alte Bekannte. Sofort brechen alte Wunden wieder auf. Die Erinnerungen schmerzen. Abby merkt, dass sie nie mit den Geschehnissen ihrer Jugend abgeschlossen hat. Für meinen Geschmack ist Abby etwas zu wankelmütig, was Männer angeht. Zudem hat sie einen starken Hang zum Alkoholmissbrauch. Das kostet ihr einige Sympathiepunkte. Gut finde ich, dass sie sich nun endlich ihrer Vergangenheit stellt. Weil Abby dabei auf Ungeheuerliches stößt, ist dies auch der Annäherung an das Genre eines Thrillers sehr zuträglich.

Bis auf wenige Ausnahmen waren mir die meisten Bewohner Barrens‘ unsympathisch. Entweder haben sie Abby bei ihren Recherchen boykottiert oder sie hatten eine dermaßen arrogante Ausstrahlung, dass es mir unmöglich war sie zu mögen. Fast niemand hat sich ehrlich gefreut, Abby wieder zu sehen. 

Der Schreibstil ist angenehm zu lesen. Man kann stundenlang ohne Ermüdungserscheinungen weiterlesen. Die recht kurzen Kapitel animieren ebenfalls dazu. Die Story thematisiert aktuelle Gefahren ohne „erhöhten Leichenanfall“, wodurch man sich gut in sie hineinversetzen kann.

Mit einem Augenzwinkern habe ich einen kleinen logischen Fehler wahrgenommen. Auf Seite 169 bestellt sich Brent, als er gemeinsam mit Abby in einer Kneipe ist, einen Tequila. Auf Seite 172 rührt er während des Gesprächs mit ihr in seinem Whiskey. Als Brent Abby dann schließlich küsst, schmecken seine Lippen nach billigem Tequila.

Wer beim Genre Thriller vor allem skandinavische Werke im Kopf hat, wird von Bonfire enttäuscht sein. Über weite Strecken habe ich Krysten Ritters Thriller eher als Kriminalroman empfunden. Erst im letzten Drittel kommt thrillerwürdige Spannung auf. Wen diese Einschränkung nicht stört, dem kann ich Bonfire als Lektüre zwischendurch empfehlen.