Rezension

Viele tolle Rezepte

Ein Apfelbaum am Meer -

Ein Apfelbaum am Meer
von Anne Barns

Bewertet mit 3 Sternen

Vorab: Ich habe schon mehrere Bücher der Autorin gelesen (inklusive jener, die sie unter einem anderen Pseudonym geschrieben hat) und ich liebe ihren Schreibstil - wundervoll atmosphärische Settingbeschreibungen, lebensnahe, glaubwürdige Dialoge, tiefgründig ausgearbeitete Figuren. Alles fein. Und all das bekam ich auch beim vorliegenden Wohlfühlroman, der auf der Insel Juist spielt und zu Anne Barns Am-Meer-Buchreihe gehört. Obendrein gab es also ein Wiedersehen mit einigen vertrauten Charakteren, über das ich mich freuen durfte. (Ich liebe ja Buchreihen, in denen die jeweiligen Story-Charaktere dann in den Folgebänden nicht plötzlich vom Erdboden verschwunden sind.)

Allerdings war mir das stets zentrale Thema Kochen/Backen dieses Mal viel zu intensiv ausgeprägt - und damit meine ich gar nicht mal den umfangreichen Anhang = das halbe Rezeptbüchlein von ganzen 19 (!) Rezepten.
(An sich eine super Idee, solche Extras werten einen Roman richtig auf, finde ich - jedoch wäre ich gerne bereit gewesen, auf ein paar Rezepte zu verzichten, wenn ich stattdessen etwas mehr Storyinhalt und ein weniger abruptes Ende bekommen hätte.)

Doch gefühlt ging es auf jeder zweiten Seite ums Essen und Backen, um Zutaten und um Rezepte. Ich nasche wirklich, wirklich gerne - seriously, I do - doch irgendwann ist auch mal gut. Die eigentliche Geschichte blieb auf der Strecke, ich konnte zu den an sich sehr sympathischen Figuren wenig Bezug aufbauen.

Mein Highlight war die positive, überraschende Entwicklung der Beziehung zwischen Julie und ihrer scheinbar enervierenden Nachbarin, noch ehe Julie die Reise nach Juist antritt. Wie oft machen wir uns ein Bild vom Charakter eines Menschen, ohne die Person tatsächlich kennengelernt zu haben … bzw. ohne uns die Zeit zu nehmen - und sei es nur ein kurzer Moment -, um etwas genauer hinzuschauen. Ich musste prompt an die Lyrics von Alicia Keys' Song "Underdog" denken, "One conversation, a single moment | The things that change us if we notice | When we look up, sometimes".

Dies ist der erste Roman der so begabten Autorin, der mich leider nicht begeistern konnte, wobei neben der Essensthematik/-problematik auch die Tatsache eine Rolle spielte, dass die Story mir handlungstechnisch zu ruhig war. Ich hasse das Wort 'langatmig', aber das Ganze zog sich für meinen Geschmack schon sehr. - Wie gesagt, trotz des herrlichen Insel-Flairs, trotz der netten Figuren, I can’t help it.

Es tut mir von Herzen leid, dass es dieses Mal kein Highlight für mich geworden ist, prinzipiell mag ich diese Buchreihe eigentlich sehr gerne.

Fazit: Ideal für Nordsee-Fans sowie für backbegeisterte Leser:innen von ruhigen Liebesromanen.