Rezension

Volltreffer - intelligent und warmherzig, dabei urkomisch und sexy

Die theoretische Unwahrscheinlichkeit von Liebe -

Die theoretische Unwahrscheinlichkeit von Liebe
von Ali Hazelwood

Bewertet mit 5 Sternen

Olive, Doktorandin der Biologie an der Universität Stanford, will ihrer besten Freundin Anh beweisen, dass sie jemanden datet. In ihrer Not küsst sie einen Mann, der ihr zufällig in den Weg läuft. Zu ihrem Entsetzen ist es Dr. Adam Carlsen, ein gefürchteter Dozent ihres Fachbereiches. Bestürzt muss sie feststellen, dass dieser kleine Kuss sie völlig aus der Fassung bringt. Adam akzeptiert ihre Erklärung und ist erstaunlicherweise bereit, Olive bei ihrer Scharade zu unterstützen.

 

Wie viele Fake-Dating-Romanzen kennen Leser*innen dieses Genres? Richtig. Unzählige. Manche gut, manche weniger. Hätte ich nicht den Hype um das englische Original mitbekommen, wäre die deutsche Übersetzung einen zweiten Blick nicht wert gewesen. Nun weiß ich, dass all die Vorschusslorbeeren gerechtfertigt sind. Und ich werde diesem zauberhaften Roman auch noch einen dritten Blick können, denn er gehört ganz sicher zu den wenigen Büchern, die ich ein zweites Mal verschlingen werde.

 

Der Debütroman von Ali Hazelwood besticht mit unglaublich intelligenten Dialogen und warmherzig skizzierten Protagonisten. Jedes Kapitel startet mit einer Hypothese, die entweder belegt oder widerlegt werden muss. Olive ist eine rein auf ihre Dissertation fokussierte Studentin, die Tage und Nächte im Labor verbringt, um Experimente durchzuführen und Analysen zu schreiben. Sie ist der Inbegriff eines Nerds, mit wenigen Freunden und noch weniger Liebhabern. Unsicher und manchmal linkisch, aber liebevoll und für ihre Freunde aufopfernd.

 

Adam dagegen ist gnadenlos in seiner Ehrlichkeit gegenüber seinen Studenten, was ihn zu einem der meistgehassten Professoren seiner Uni macht. Manchmal verlassen sie nach einer Besprechung weinend sein Büro, weil er sie mal wieder schonungslos auf Fehler hingewiesen hat. Olive gegenüber verhält er sich aber verständnisvoll, beschützend und sanftmütig. Seine Ernsthaftigkeit weicht liebevollem Witz und trockenem Humor. Daraus resultieren herrlich erfrischende Wortgefechte voll mit scharfsinnigen Scherzen.

 

Dabei vergisst die Autorin aber nicht, auf Probleme an Universitäten hinzuweisen, was Frauen im wissenschaftlichen Umfeld betrifft. Sie sind oft benachteiligt, müssen sich mit übergriffigen Dozenten und herablassenden Mentoren auseinandersetzen. Olive erlebt das genauso und wie viele andere Frauen muss sie sich leider fragen, ob sie solche Ungeheuerlichkeiten öffentlich machen und zur Anklage bringen soll. Auch Diversität ist Ali Hazelwood, selber Professorin für Neurobiologie, ein großes Anliegen. Wunderbare Nebenfiguren zeigen Vielfalt in alle Richtungen.

 

Trotz vieler, für mich oft unverständlicher Fachbegriffe (was bitte, sind ein Thermocycler oder eine Mehrkanalpipette? Oder - mein Liebling - ein Caenorhabditis-elegans? ), ist es ein leicht zu lesendes Vergnügen. In keiner Weise trocken oder langatmig. Man mag kaum erwarten, dass auch Erotik ihren Platz findet. Aber die wenigen, gut platzierten Szenen, haben es definitiv in sich und sind sowohl humorvoll als auch heiß.

 

Ein klitzekleines Manko ist aus meiner Sicht das Cover der deutschen Ausgabe. Ich finde es im Gegensatz zum Original zu ernst, nicht treffsicher genug. Aber das kann ich nur dem Verlag vorwerfen, nicht der Autorin.

 

Wer eine hinreißende romantische Komödie sucht, smarte Protagonisten, originelle Dialoge und das alles in einem erstklassigen Erzählstil, der ist hier genau richtig. Ich hoffe inständig, dass weitere Romane von Ali Hazelwood auf den deutschen Markt kommen werden.