Rezension

Vom Inder, der mit dem Fahrrad bis nach Schweden fuhr um dort seine große Liebe wiederzufinden

Vom Inder, der mit dem Fahrrad bis nach Schweden fuhr um dort seine große Liebe wiederzufinden - Per J. Andersson

Vom Inder, der mit dem Fahrrad bis nach Schweden fuhr um dort seine große Liebe wiederzufinden
von Per J. Andersson

Bewertet mit 3 Sternen

Pikay wird im indischen Dschungel geboren und wächst in sehr armen Verhältnissen auf. Als er in die Schule kommt, wird ihm das erste Mal klar, was es bedeutet kastenlos geboren worden zu sein. Lehrer und Mitschüler grenzen ihn aus und wollen nichts mit ihm zu tun haben. Während seiner Schulausbildung wird Pikays künstlerische Ader entdeckt und so beginnt er in Neu-Delhi Kunst zu studieren. Dort fällt er von einem Extrem ins nächste. Oft muss er hungern, ist obdachlos und arbeitet auf der Straße als Künstler, im nächsten Moment wird er von Indira Gandhi eingeladen. 1975 lernt er seine große Liebe Lotta in Neu-Delhi kennen, die jedoch nach einiger Zeit zurück nach Schweden reisen muss. Als die Sehnsucht zu groß wird, kauft sich Pikay ein Fahrrad, um auf diesem Weg nach Schweden zu Lotta zu gelangen. Sein Weg führt ihn von Indien über Pakistan, Afghanistan, Iran und die Türkei nach Europa. Auch wenn die Reise beschwerlich ist: Pikay lernt viele Menschen kennen, die ihm Helfen und an ihn und seine große Liebe glauben.

Der Klappentext des Buches hat mich so sehr eingenommen, dass ich es unbedingt lesen musste. Das Cover zum Buch finde ich sehr gelungen, auch wenn ich den Elefanten im Buch vergebens gesucht habe. Hätte ich das Buch in einer Buchhandlung gesehen, hätte ich definitiv zugegriffen. Nach dem ich den Klappentext gelesen hatte, war die erste Hälfte des Buches eine Überraschung für mich, da es nicht um eben jene Reise von Indien nach Schweden ging, sondern um Pikays Leben vor der Reise. Von der Geburt, bis zum ersten Zusammentreffen mit Lotta pickt sich der Autor immer wieder bestimmte Lebensabschnitte heraus. Ich fand es sehr unerwartet, dass dieser Part etwas mehr als die Hälfte des Buches eingenommen hat, auch wenn das Erzählte sehr interessant ist. Ein paar kurze Kapitel handeln von Lotta und ihrem Leben, wobei diese sehr kurz und oberflächlich gehalten sind. Die zweite Hälfte des Buches berichtet über Pikays Reise und sein Leben in Schweden. Wenn man bedenkt, wie weit die Strecke von Indien nach Schweden ist, hätte diese Reise sicherlich allein schon das gesamte Buch füllen können. Für mich war die Erzählung über diese außergewöhnliche Reise durch die Kürze etwas zu löchrig und oberflächlich.

Das Buch wurde, wie schon angesprochen, meist aus Pikays Perspektive geschrieben. An sich ist er ein herzensguter Mensch und trotzdem hatte ich zeitweilig meine Probleme mit ihm. Er war mir nie unsympathisch, aber ich bin einfach nicht warm mit ihm geworden. Ein noch größeres Problem hatte ich mit Lotta. Ich kann mir keinen richtigen Reim auf ihren Charakter machen, da es einfach zu wenig Informationen über sie gab. Auch die Beziehung zwischen den beiden, welche so emotional und tief sein soll, konnte ich im Buch nicht finden.

Zum Teil lag mein Problem mit den Protagonisten vermutlich auch an der Schreibweise des Autors. Die Personen wurden auf eine distanzierte Art und Weise beschrieben und wirkten aus diesem Grund sehr kühl auf mich. Am deutlichsten kam dies bei Lotta zum Vorschein, aber auch Pikay, aus dessen Sicht diese Geschichte geschrieben wurde, blieb mir immer fremd. Im Großen und Ganzen finde ich es nicht so schlimm, wenn ich mit Protagonisten nicht warm werde. Bei diesem Buch hätte ich ansonsten aber vermutlich mehr mit den Protagonisten mitgefiebert und mitgelitten. Das größte Problem war, dass ich die Geschichte zum Teil kaum glauben konnte. Die vielen Zufälle die Pikay wiederfahren häufen sich zeitweise sehr stark und in Kombination mit der lockeren, plauderartigen Schreibweise, erzeugte die einen gewissen Unglauben bei mir.

Auch wenn der Klappentext nicht ankündigt, dass man viel über Pikays Kindheit erfährt, fand ich diesen Teil sehr interessant, da man später viel besser verstehen kann, wieso Pikay in Neu-Delhi und in der Schweiz solch große Probleme bei der Anpassung hat. Dem Leser werden viele Details über die Geschichte Indiens gegeben und vor allem die Religion und Traditionen werden hervorgehoben. Besonders das indische Kastensystem wird häufig angesprochen und kritisiert.

Zeitlich war das Buch sehr inkonsequent. Mal waren Teile seines Lebens sehr lang gezogen, andere wurden nur angerissen und vieles wurde komplett weg gelassen. An manchen Stellen hätte ich einfach gern mehr erfahren, obwohl mir bewusst ist, dass man nicht ein komplettes Leben in einem Buch schildern kann. Am meisten Berührt haben mich die Fotos am Ende des Buches, da die Personen endlich ein Gesicht bekommen haben und der Leser sieht, dass dieses Märchen tatsächlich wahr ist.