Rezension

Das Leben eines Inders aus der untersten Kaste in Indien des XX Jh. und seine Reise nach Schweden.

Vom Inder, der mit dem Fahrrad bis nach Schweden fuhr um dort seine große Liebe wiederzufinden - Per J. Andersson

Vom Inder, der mit dem Fahrrad bis nach Schweden fuhr um dort seine große Liebe wiederzufinden
von Per J. Andersson

Bewertet mit 4 Sternen

Eine gute, lesens-/hörenswerte Geschichte, die viele Facetten/Aspekte des damaligen Lebens in Indien, in Asien insg. zu bieten hat und gut unterhält.

Hörbuch. Spieldauer: 8 Stunden und 19 Minuten, ungekürzte Ausgabe, gelesen von Richard Barenberg.

 Klappentext: „Diese Geschichte erzählt vom unglaublichen Schicksal des kastenlosen Pradyumma Kumar, genannt Pikay. In ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, kennt er nur Extreme: Mal wird der talentierte Portraitzeichner von Indira Gandhi eingeladen, sie zu malen, mal muss er hungern und schläft auf der Straße. Eines Abends taucht neben seiner Staffelei ein blondes Mädchen auf – und eine unglaubliche Liebesgeschichte nimmt ihren Anfang. Als Lotta zurück nach Schweden geht, stehen die Chancen schlecht um die beiden – wäre da nicht ein altes Fahrrad. Damit macht sich Pikay auf den Weg, um die 7.000 km von Asien nach Europa zurückzulegen. Auch zahlreiche Rückschläge können ihn nicht aufhalten, bis er schließlich tatsächlich in der Heimat Lottas ankommt, einer völlig anderen Welt … Um das Happy End gleich zu verraten: Heute sind die beiden seit über 35 Jahren verheiratet, haben zwei Kinder und leben auf einem alten Bauernhof in der Nähe von Borås in Schweden.“

Die Geschichte von Pikay ist schon bemerkenswert. Besonders zu Anfang, als es um die Mythen von Pikays Kindheit ging, fand ich seine Welt recht faszinierend. Der Glaube des Waldvolkes, aus dem seine Mutter stammt, dass alles lebendig ist und zu einem spricht, wurde mit einigen Beispielen hier und dort verdeutlicht, insb. das mit der Schlange, die über ihn als Baby wachte, und auch später, im übertragenen Sinne, so hat Pikay zumindest das eine oder andere Ereignis seines Lebens interpretiert. Auch diese Prophezeiung bei seiner Geburt, dass er eine weiße Frau aus dem Sternzeichen Stier heiraten wird, kommt immer wieder im Laufe der Geschichte zur Sprache und trägt zum mystischen Aspekt bei. Pikay hat durchaus Ausschau nach dieser blonden Frau gehalten. Und eines Tages ist sie tatsächlich in der Schlange vor seiner Staffelei aufgetaucht. Es war, als ob die beiden wussten, dass sie für einander bestimmt sind.

In etwa der Hälfte des Buches werden die Geschichten von Lotta und Pikay erzählt, bevor sie sich in Indien getroffen haben. Man erfährt einiges über Lotta: aus welcher Familie sie stammt, und weshalb sie adelig ist. Parallelen zur indischen Gesellschaftsordnung werden gezogen, am Anfang und wieder zum Schluss. Von Pikay von seiner Geburt an gibt es viele urige Details. Wobei seine Kindheit viel spannender als seine Jungend war, als er auf die Kunstschule durfte und es ihm dann in der Stadt nicht so gut ging. Vor allem seine Abstammung machte ihm zu schaffen, von der Schule – da gibt es einige bildhafte Beispiele, bis er Indien verlassen hat, wurde er stets daran erinnert, dass er aus der untersten Kaste stammte, und welche Einschränkungen dies bedeutete. Nichtsdestotrotz durfte Pikay sowohl Walentina Tereschkowa (die erste Frau im Weltall) bei ihrem Besuch in Indien, als auch Indira Gandhi kennenlernen. Und von da an war er ein recht bekannter Mann in seiner Heimat. Auch über Politik Indiens in der damaligen Zeit wird recht ausführlich, aber in ganz einfachen Worten, also sehr zugänglich, berichtet. Zum Schluss kam Pikays Abstammung nochmals zur Sprache, eher als Vergleich zu dem, wie er in der Heimat und in Schweden deshalb behandelt wurde.

Nach dem Treffen von Pikay und Lotta in Indien, v.a. nachdem Lotta in ihre Heimat zurückkehrte, gab es für Pikay nur einen Wunsch: Er wollte zu ihr nach Schweden. Seine Reise mit dem Fahrrad durch Asien ist schon bemerkenswert. Sie war manchmal sehr anstrengend und brachte ihn an seine physischen und geistigen Grenzen, trotz dem, dass auf dem sog. Hippie Trail jeder jedem half, wie er konnte. Schön, dass Pikay überall mit seinen Portrait-Zeichnungen gut ankam und allen Menschen, ob in Pakistan, Afghanistan oder in der Türkei willkommen war. Einige politische Aspekte tauchen auf seiner Reise ebenfalls auf. Auch bei den Grenzübergängen auf seiner Reise kamen immer wieder politische und menschliche Aspekte zur Sprache. Besonders spannend fand ich, was ihm bei der Ankunft in Wien über die Europäer und ihre Sitten gelehrt wurde, wie er regelrecht gewarnt wurde, dass die Menschlichkeit unter Europäern ein aussterbendes Gut wäre. Aber auch die Hilfsbereitschaft der einfachen Menschen in Wien wie in Göteborg kam deutlich zur Geltung.  Zum Schluss wurde kurz erzählt, wie Pikay sich im fremden Land behaupten konnte.

Ein kleiner Kritikpunkt: die Geschichte ist eher in Berichtserstattungsform verfasst und wirkt manchmal dröge, insb. an den Stellen, wo es Pikay nicht besonders gut geht.

Richard Barenberg hat eine gute Arbeit geleistet. Bloß manchmal unterstreicht er mit seiner Art vorzulegen diese Berichtserstattungsform des Buches und somit wirkt das Ganze etwas drömmelig, i.e. sich in die Länge ziehend. Nach einer Pause geht es dann aber wieder.

Fazit: Eine gute, lesens-/hörenswerte Geschichte, die viele Facetten/Aspekte des damaligen Lebens in Indien, in Asien insg. zu bieten hat und gut unterhält.