Rezension

Von der Freiheit des Vergessenwerdens

Nincshof -

Nincshof
von Johanna Sebauer

Bewertet mit 4 Sternen

›Wir haben uns ausgedacht, dass Vergessen etwas Schlechtes und Erinnern etwas Gutes ist.‹

Nincshof ist der Debütroman der österreichischen Autorin Johanna Sebauer.

Das Cover des Buches, Gras, das sich wie ein Schleier über den gesamten Ort legt, sticht einem sofort ins Auge. Die Hardcoverversion des Buches macht einen qualitativ guten Eindruck.
Der Schreibstil ist sehr flüssig. Die Autorin verwendet eine sehr bildhafte Sprache, die den Leser sofort in die Welt der Protagonistin Erna Rohdiebl eintauchen lässt. Bereits nach wenigen Seiten bekommt man ein Gefühl für das Leben der Protagonistin und die um sie herum herrschende „Dorfkultur“. Nincshof ist eine kleine österreichische Gemeinde an der Grenze zu Ungarn. Diese soll nun nach dem Willen einiger Bewohner, der sogenannten Oblivisten von der gesamten Außenwelt vergessen werden. Hierfür greifen Sie teils zu skurrilen Mitteln. So werden kurzerhand Ortsschilder abmontiert, Einträge in Bibliotheken gelöscht… Werden die Oblivisten ihr Ziel erreichen?

Die Grundidee, in einer Welt, in der alles mit jedem geteilt wird, ein ganzes Dorf von der Bildfläche verschwinden zu lassen, finde ich sehr originell. Die Charaktere sind allesamt auf ihre Weise sehr eigenwillig und liebenswert.
Leider gibt es sehr viele Nebenhandlungen, Wiederholungen, die die Handlung nicht voranbringen. Es werden sehr viele teils sehr abschweifende Bezüge hergestellt und der Inhalt wird zum Ende hin etwas dünner. Hier hätte ich mir einen stärkeren Fokus auf die Kernhandlung gewünscht.
Dennoch ist die Geschichte insgesamt sehr gut geschrieben und regt in vielen Punkten zum Nachdenken an. Sie zeigt wie wichtig das vergessen werden, aber auch wie wichtig die Erinnerung ist.
Nincshof ist ein skurriler, unterhaltsamer und besonderer Roman, der absolut lesenswert ist.