Rezension

Von der Suche nach Freiheit

Schuld - Grit Poppe

Schuld
von Grit Poppe

"Wenn man zu sich selbst und seiner Meinung steht, lassen sich Schwierigkeiten mit anderen nicht vermeiden [...] Doch ... wenn du nicht das sagst oder tust, was du für richtig hälst, bekommst du auch Probleme: nämlich mit dir selbst. Mit deinem Spiegelbild, verstehst du?"   - S.43

Von der Suche nach Freiheit.
Grit Poppe beschreibt mit ihrem Roman "Schuld" die realistischen Zustände damals in der DDR. Das ganze geschieht dabei aus zwei Perspektiven, die mit der Zeit immer mehr verwischen. Einmal aus der Sicht der jungen Jana, die behütet aufwächst und gar nicht daran denkt gegen das Regime zu rebellieren, mit dem sie aufgewachsen ist und deren Richtigkeit sie jeden Tag aufs Neue eingebläut bekommt. Und dann noch aus der Sicht von Jakob. Einem idealistischen jungen Mann, der überzeugt davon ist, dass jeder Mensch das Recht hat für das einzustehen, was er selbst für richtig hält und der erst lernen muss, dass die Realität ganz anders aussieht.
Diese beiden Charaktere schildern eindrucksvoll das Leben in der DDR kurz vorm Mauerfall und schaffen es zu bewegen ohne große Gefühlsduselei. Sie führen uns durch ihre Welt, zeigen uns ihre Grausamkeiten auf, aber auch wie einfach es ist für den Moment in der Sicherheit dessen zu leben, was einem vorgegeben wird.

Jana und Jakob sind zwei Charaktere, die unterschiedlicher nicht sein könnten, in jeglicher Hinsicht. Und während vor allem Jana mir anfangs nicht wirklich sympathisch war, passen sie doch beide perfekt in diese Geschichte hinein. Denn beide entwickeln sich weiter, werden von dem politischen Geschehen um sie herum so nachvollziehbar beeinflusst und verändert, dass sie mit jeder Seite ein Stück authentischer werden und mir mit der Zeit auch immer mehr ans Herz gewachsen sind.
Die Tatsache, dass sowohl sie als auch die Geschichte so schmucklos sind und damit sehr echt wirken, bringt den Leser dazu mitzufiebern, mit ihnen zu leiden und zu hoffen, auch wenn es auswegslos erscheint.
Die Geschichte ist spannend und mitreißend, aber auch bedrückend und abschreckend. Doch diese Kombi sorgt dafür, dass man das Buch nicht aus der Hand legen kann.

Vor allem eine Szene hat mich unglaublich berührt und ich denke, ich kann diese erwähnen, ohne viel zu spoilern, denn wir alle wissen ja, wie das Ganze abgelaufen ist.
Der Mauerfall. Ich selbst war damals noch nicht auf der Welt, kann also nicht aus erster Hand sagen, wie die Menschen damals empfunden haben oder wie sich dieser Moment angefühlt hat. Doch Grit Poppe fängt dieses Lebensgefühl, diese Euphorie und die Einzigartigkeit dieses Moments so unglaublich ein, dass ich wirklich Gänsehaut bekommen habe und das Gefühl hatte, selbst dabei zu sein. Und das muss ein Autor erst einmal schaffen.

Alles in Allem ist "Schuld" von Grit Poppe eine bewegende Geschichte über das Streben nach Freiheit in der DDR und der harten Realität, die jene erwartet, die es gewagt haben genau dies zu tun.