Rezension

Von der tröstlichen Hoffnung auf Menschlichkeit - eine Kindheit im Nationalsozialismus

Die Bücherdiebin, Das Buch zum Film
von Markus Zusak

Bewertet mit 5 Sternen

Es ist eines dieser Bücher, wo man noch ein wenig bei den Personen verweilt und an ihr Schicksal denkt, ein Roman wie ein Gedicht, voller Metaphern, voller ungewöhnlicher Sprachbilder und Bildkombinationen, schillernd und funkelnd (vielleicht manchmal einen Hauch zu dick aufgetragen?):

... leere Hutständerbäume ... - Ein Schrei tröpfelte zu Boden.

Auch die Perspektive ist ungewöhnlich: der Tod als Erzähler, der uns an seinen Gedanken und den Ereignissen von 'damals' in Szenen von Vor- und Rücksprüngen teilhaben lässt, die sich wie von selbst zu einem Ganzen fügen. Dass er Geschehnisse vorweg nimmt, hat mich nicht gestört - im Gegenteil: es war entlastend, im Voraus zu wissen, was Schlimmes passieren würde.

Und es passiert viel Schlimmes, denn die Geschichte spielt in der Nazi- und Kriegszeit in einem fiktiven bayrischen Dorf in der Nähe von Dachau. Es ist die Geschichte der neunjährigen Liesel Meminger, die von ihrer Mutter zu den Hubermanns, den Pflege-Eltern nach Bayern gebracht wird, zu einem zärtlich-liebevollen Vater 'mit silbernen Augen' und einer groben Mutter, die alle 'Saumensch' nennt und ständig flucht, die aber tief drinnen ein großes goldenes Herz hat.

Nicht nur, dass Liesel von ihrer Mutter getrennt in der Fremde aufwachsen muss ... auf der Zugfahrt dorthin war ihr kleiner Bruder gestorben, was ihr wochenlang nächtliche Albträume beschert. Bei der hastig vorgenommenen Beerdigung im bayrischen Nirgendwo hatte Liesel ein Totengräberhandbuch gefunden. Sie nimmt es heimlich mit, obwohl sie weder lesen noch schreiben kann. Aber es ist die einzige Verbindung zu ihrer Familie.

Ihr Pflegevater bringt ihr das bei, was die Schule nicht schafft, Lesen und Schreiben, und damit beginnt eine lebenslange Leidenschaft für Bücher. In den weiteren Jahren wird sie noch öfters welche heimlich an sich nehmen, stehlen, bei der Bücherverbrennung, aus der Bibliothek des Nazi-Bürgermeisters ... Und irgendwann hilft sie anderen Menschen in schwierigen Situationen durch Vorlesen, dem im Keller versteckten Juden Max, den Verängstigten im Luftschutzkeller, einer einsamen alten Frau ...

Es ist die Geschichte eines Mädchens im Nationalsozialismus, von einer zarten Kinderliebe zu ihrem besten Freund Rudi mit den zitronenblonden Haaren und dem Juden Max, der von den Hubermanns wie selbstverständlich versteckt und durchgefüttert wird. Es ist die Geschichte vom Bösen in der Welt, von vielen traurigen Ereignissen, in herzzerreißenden Szenen geschildert, aber auch die Geschichte von tröstlicher Hoffnung auf Menschlichkeit.