Rezension

Was ist los im Seniorenpark?

Makrelenblues - Ute Haese

Makrelenblues
von Ute Haese

Bewertet mit 5 Sternen

„...Einen Vorteil hatte diese Art zu reisen bestimmt: Man wurde in seinem Behältnis verplombt und musste anschließend keinerlei Sicherheitskontrollen mehr über sich ergehen lassen...“

 

Marga erscheint bei Hanna. Im Seniorenpark „Elysium“ ist Karl Lißner verstorben. Hanna soll ermitteln, weil Marga der Meinung ist, dass dabei nicht alles mit rechten Dingen zuging. Zuerst aber unterhalten sich die beiden über den bizarren Wunsch des Toten. Seine Urne soll einen Spaziergang durch Lissabon unternehmen. Natürlich kommt Hannas spitze Zunge und ihr glasklaren Verstand sofort zum Tragen, was das Eingangszitat zeigt.

Harry, Hannas Freund und Journalist, hat sich mittlerweile in eine besondere Idee verrannt. Er will die Barschel - Affäre aufklären. Daran haben sich schon andere seit 1987 die Zähne ausgebissen!

Die Autorin hat erneut einen fesselnden und vielseitigen Krimi geschrieben. Hanna erzählt die Geschichte selbst.

Der Schriftstil ist abwechslungsreich. Die liebevollen und trotzdem sehr eigenen Beschreibungen der Landschaft zeugen von Heimatverbundenheit.

 

„...Draußen hub ein Amselherr an zu singen, um seinen Nebenbuhlern zu zeigen, was eine Harke ist. Wir bewegten uns auf den April zu und der Frühling nahte endlich mit Macht...“

 

Hanna ist skeptisch. Doch Marga zuliebe sieht sie sich den Wohnpark und die von Marga in Erwägung gezogene Verdächtige etwas genauer an. Danach ist sie nicht viel schlauer als vorher. Ihr Eindruck von der Anlage liest sich so:

 

„...Mir hatte der Besuch im Park einen Schock versetzt. Es war alles so sauber, so geregelt, so fleckenlos, so organisiert. Du lieber Himmel, nicht einmal Kindergeschrei störte dieses Leben...“

 

Was anfangs kaum wie ein Fall aussah, entwickelt sich nach und nach zu einem komplexen Geflecht aus Beziehungen. Da ist das gestörte Vater – Sohn – Verhältnis des Verstorbenen und seine unbekannten Aktivitäten in Lissabon.

Harry steht ebenfalls neben sich. Bevor aber seiner Recherchen Geld einbringen werden – wenn überhaupt – muss er sich notgedrungen mit profanen Themen über Wasser halten. Dazu gehört eine Reportage über den Taubenzüchterverein. Dort redet er sich um Kopf und Kragen. Sonderbar aber ist es schon, dass die beste Brieftaube nicht zurückgekehrt ist.

Wie von der Autorin gewohnt, werden viele brisante politische Themen gekonnt gesteift, seine es alte Seilschaften, Waffengeschäfte, sexueller Missbrauch gewisser Kreise und manches mehr.

Da Hanna von ihrem Job als Detektivin nicht leben kann, schreibt sie nebenbei Liebesromane. Erstmals lerne ich ihre Agentin für diese Schmozetten kennen. Die Frau passt zu Hanna. Sie nimmt das Leben mit Humor, kann auch mit einem „Nein“ umgehen und ist mir sympathisch.

Ein sehr ernster Ton kommt in das Buch, als es um ein persönliche Erleben zur Zeit der Diktatur in Portugal geht. Danach sieht Hanna Karl Lißner mit völlig anderen Augen:

 

„...Ich hätte Karl Lißner an ihrer Stelle filetiert, wenn er mir in die Finger geraten wäre...“

 

Am Ende klären sich wie gehabt alle Fälle auf. Das Gesamtpaket wird logisch aufgeschnürt und dargelegt.

Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen. Hannas skurriler Humor und ihre messerscharfe Analyse der Wirklichkeit ist schon allein das Lesen wert. Ein Zitat, dass sie Harrys Neffen entgegenhält, soll meine Rezension abschließen:

 

„...Und ein Computerspiel, in dem die Toten unsterblich sind, obwohl sie pausenlos erschossen, zerstückelt und verbrannt werden, ist es auch nicht. Hier reicht nicht das Ziehen des Steckers, damit alles auf null und dann wieder von vorn losgeht...“