Rezension

Wenn alle Freundinnen plötzlich Kinder kriegen…

Kein Kind ist auch (k)eine Lösung - Tina Wolf

Kein Kind ist auch (k)eine Lösung
von Tina Wolf

Bewertet mit 4 Sternen

… und man mit Mitte 30 selbst noch kinderlos ist, spürt man sein Exoten-Dasein mit voller Wucht. Die Radiomoderation Charly Schönberg erlebt schon seit einigen Jahren die Metamorphosen ihrer Freundinnen von der Partymaus zur Familienglucke. Und mit den Jahren sterben sie einfach aus: Die Mädels, mit denen man am Wochenende bis zum Sonnenaufgang um die Häuser ziehen kann. Für Charly ist das doppelt schwer, denn zu allem Unglück ist die Hamburger Frohnatur auch noch Single. Akute Vereinsamung droht, der sie auch mit Hilfe von mehreren oberflächlichen Männerbekanntschaften nicht entrinnen kann. Außerdem verfolgt sie das omnipräsente Kinder-Thema überall. Als Charly auf dem Weg nach Dänemark den in Hannover lebenden Michael kennenlernt, verlieben sich die beiden Hals über Kopf ineinander. Sie ziehen sogar zusammen. Aber Charly weiß ja schließlich, was sie will: Nämlich keine Kinder! Oder?

Auf den ersten Blick ist „Kein Kind ist auch (k)eine Lösung“ von Tina Wolf ein seichter Frauenroman. Doch umso tiefer man in die Geschichte eintaucht, desto klarer wird einem, dass die Autorin sich hier mit einem echten Tabu-Thema beschäftigt: Eine Mittdreißigerin, die ihr Leben genießen und sich keine schlaflosen Nächte wegen des brüllenden Nachwuchses antun will, kommt ihrer „Pflicht“, sich zu vermehren, nicht nach. Sehr humorvoll und dennoch sensibel geht Tina Wolf mit der immer lauter tickenden biologischen Uhr ihrer Heldin um. Sie setzt sich auf den verschiedensten Ebenen mit dem Thema Kinder und den daraus resultierenden Veränderungen auseinander: Freundschaften zerbrechen, Liebesbeziehungen gelangen an ihre Grenzen, junge Mütter sind überfordert, Omas drängen auf Enkelchen. Charly macht es sich nicht einfach und sie liebt Kinder wirklich, aber deshalb ein eigenes in die Welt setzen? Ich persönlich (fast 32, verheiratet, kinderlos) habe mich hervorragend in der lebenslustigen Charly wiederfinden können. Die Fragen, die sie sich stellt, sind auch mir häufig durch den Kopf gegangen – ebenso wie die Argumente, sich gegen ein Kind zu entscheiden. Man kann „Kein Kind ist auch (k)eine Lösung“ problemlos in einem Rutsch lesen, obwohl es die ein oder andere Stelle gibt, an der die Geschichte doch ein wenig überspitzt ist.

Die Frage „Kind: Ja oder nein?“ lässt sich für Frauen, die in einer ähnlichen Situation wie Charly sind, hinterher nicht einfacher beantworten. Aber man hat nach der Lektüre das tröstliche Gefühl, nicht die Einzige zu sein, der es so ergeht.