Rezension

Wenn der Damm bricht...

Das Meer von Mississippi -

Das Meer von Mississippi
von Beth Ann Fennelly

Bewertet mit 5 Sternen

1927, die Lage entlang des Mississippi ist hoffnungslos. Es regnet seit Monaten, der „Old Man River“ hat sein Bett verlassen, ist über die Ufer getreten und höhlt unerbittlich die riesigen Dämme aus, die Ort an seinem Ufer schützen sollen. Alles ist durchnässt, schlammig, sumpfig. Aber sämtliche Anstrengungen werden vergebens sein, die Deiche werden brechen, das Wasser seinen Weg finden und die Landschaft in ein Meer verwandeln. Und unzählige Menschen werden nicht nur ihr Heim sondern auch ihr Leben verlieren.

Es wird auch die (fiktive) Kleinstadt Hobnob treffen, berühmt-berüchtigt für ihre illegalen Destillen. Ein lukrativer Geschäftszweig in der Zeit der Prohibition. Dort nimmt dieser literarische Thriller seinen Anfang, in dessen Verlauf wir die beiden Agents Ingersoll und Johnson begleiten, die den Verbleib zweier spurlos verschwundener Kollegen klären sollen. Ein Katz-und-Maus Spiel mit einem skrupellosen und gewieften Schnaps-Schmuggler und einer begnadeten Schwarzbrennerin, gefangen in einer unglücklichen Ehe, beginnt. Nicht zu vergessen das verlassene Baby, das die beiden Prohibitionsagenten in den Trümmern eines Ladens finden.

Die Geschichte bewegt sich im Rhythmus der Bedrohung, der nahenden Gefahr durch die Wassermassen, die stetig näher kommen, um ihr verheerendes Werk zu vollenden. Die atmosphärischen Schilderungen sind grandios, man spürt die schwüle Luft förmlich auf der Haut, hört den Regen auf die Teerpappe prasseln, kämpft gegen den Widerstand des schlammigen Bodens bei jeder Fortbewegung. Und natürlich tauchen beim Lesen vor dem inneren Auge die Bilder der verzweifelten Menschen auf, die 2005 mit der Überschwemmung kämpften, die Hurrikan Katrina für die Bewohner in New Orleans im Gepäck hatte.

„Das Meer von Mississippi“ ist eindringlich erzählte Literatur, mit Brillanz rund um die Jahrhundertflut aufgebaut, die ein historisches Ereignis mit Thrilleranteilen verbindet. Einziger Wermutstropfen sind die stellenweise etwas zu poetisch geratene Sprache sowie die sehr gefühlsbetonten Szenen, die fast schon ins Kitschige abgleiten, aber wohl bewusst der Anlehnung an das Genre des historischen Romans geschuldet sind.

Nachtrag:

„When the Levee breaks“, dieser gecoverte Song von Led Zeppelin, bezieht sich auf einen alten Bluessong von Kansas Joe McCoy und Memphis Minnie (entstanden 1929 als Reaktion auf die Mississippi-Flut) und beschreibt eindrücklich die Stimmung, die über dem Roman von Beth Ann Fennelly und Tom Franklin liegt.

„If it keeps on rainin', levee's goin' to break
When the levee breaks, I'll have no place to stay.
Mean old levee taught me to weep and moan, Lord
It's got what it takes to make a mountain man leave his home“