Rezension

Wenn der Glaube Berge versetzen kann

Wo Milch und Honig fließen - Grace McCleen

Wo Milch und Honig fließen
von Grace McCleen

Bewertet mit 5 Sternen

"Wo Milch und Honig fließen" ist ein Buch, welches ich erst vor einigen Momenten voller Staunen zugeklappt habe. Ich habe mit Judith gelitten und ehrlich gesagt hätte ich gerne in manchen Momenten ihren Vater angebrüllt, ob er denn noch alle Tassen im Schrank hat. Wie kann man einem Kind so gefühlskalt entgegen treten? Die innere Not nicht erkennen? Gerade zum Ende hin hatte ich wirklich Angst um Judith. Sie ist eine sehr starke Persönlichkeit mit einem sehr starken Glauben an Wunder. Sie ist überzeugt davon, das sie selbst Wundertaten begehen kann, die sie dann in einem Tagebuch festhält. 
"Wo Milch und Honig fließen" ist das von Gott betitelte Land Kanaan, welches Gott Mose versprochen hat. Im Buch begegnen uns die Zeugen Jehovas, die auf den Weltuntergang (Harmagedon) vorbereiten, in dem sie Schriften verteilen, indem sie von Haus zu Haus gehen um die Menschen zur Umkehr zu bewegen. Ist es ein Wunder, das Judith gemobbt und ausgeschlossen wird? Sie hat keine Freunde und lebt alleine mit ihrem Vater, der ihr alles gibt was sie braucht, zumindest gibt er sich viel Mühe, verliert dabei aber aus den Augen, das Kinder eine Umarmung brauchen. Umarmungen geben den Kindern das Gefühl geliebt und wertgeschätzt zu werden. Judith ist eher mit Erwachsenen zusammen, die sich sehr um sie bemühen, aber dennoch fehlt eine Mutter. Judith baut sich aus Abfällen in ihre eigene Welt - "Land der Zierde" und als eines Tages Schnee fällt, fühlt sich Judith dafür verantwortlich.
Eigentlich ist "Wo Milch und Honig fließt" ein todtrauriges Buch, denn ein Kind braucht so vieles mehr als ihr Vater geben kann. Er ist völlig ausgebrannt und sucht Trost im Glauben. Zum Ende hin ändert sich so einiges, aber es wäre fast zu spät und ich muss sagen, ab einem bestimmten Punkt hätte ich am liebsten nicht weitergelesen. Ich hatte regelrecht Angst um Judith. Angst vor dem was hätte geschehen können. Dankbar bin ich, das es dann doch anders kam als befürchtet, ansonsten hätte ich das Buch auch auf keinen Fall weiterempfehlen können, denn wer will so ein trauriges Buch lesen? Es hat quasi ein Happy End, welches ich mir schon viel eher gewünscht hätte. Ein Leben für Judith ohne Mobbing und der Angst in die Schule zu gehen. Ob ein Leben ohne Bluttransfusion und ohne Weihnachten wirklich glücklich und zufrieden machen kann?
Wem diverse Bibelstellen und der Glaube der Jehovas Zeugen nicht stört bekommt hier ein Buch, welches dazu führt, das man ein kleines Mädchen sofort ins Herz schließt und mit ihr bangt und zittert für ein klein wenig mehr Zuwendung. Ein kleines Mädchen dessen Glaube so groß wie ein Senfkorn ist um damit Berge zu versetzen muss man einfach lieben, auch wenn sie letztendlich nicht fähig ist Wunder zu bewirken oder das Harmagedon abzuwenden ändert sich dennoch ihr Leben zum Vorteil, auch wenn dies  heißt einfach mal Fish & Chips zu essen, eine Heißlufballonfahrt zu machen oder sich der Liebe ihres Vaters sicher zu sein.
Natürlich eine Leseempfehlung!