Rezension

Wenn sich die Mutter aus dem Staub macht

In den Augen meiner Mutter -

In den Augen meiner Mutter
von Jo Leevers

Bewertet mit 4 Sternen

Seit 20 Jahren ist ihre Mutter Nancy Brown beinahe spurlos verschwunden. Nun steht ihre Tochter Georgie kurz davor, selbst ein Kind zu bekommen. Ausgerechnet jetzt erhält sie Hinweise zum Aufenthaltsort von Nancy. Wird die Hochschwangere ihre Mutter endlich finden? Und warum ist diese damals überhaupt gegangen?

„In den Augen meiner Mutter“ ist ein Roman von Jo Leevers.

Meine Meinung:
Das Buch besteht aus 55 kurzen Kapiteln, denen ein Prolog vorausgeht. Erzählt wird im Präsens aus zwei Perspektiven, nämlich aus der Sicht von Nancy und der von Georgie. Die Geschichte spielt an unterschiedlichen Schauplätzen in Großbritannien und auf zwei Zeitebenen: in der Gegenwart sowie in der Vergangenheit (ab dem Jahr 1984). 

In sprachlicher Hinsicht ist der Roman unauffällig. Der Schreibstil ist anschaulich und dank vieler Dialoge lebhaft. 

Nancy und Georgie, Mutter und Tochter, sind die Protagonistinnen der Geschichte. Zwei lebensnahe Charaktere, die weitgehend klischeefrei und mit psychologischer Tiefe dargestellt werden. Ihr Innenleben ist gut nachvollziehbar. Auch Dan, die dritte Hauptfigur, wirkt authentisch. Eine weitere männliche Figur, die eine wichtige Rolle spielt, wird für mich allerdings nicht schlüssig in ihrem Verhalten beschrieben.

Inhaltlich dreht sich viel um Familiengeheimnisse, Schuld und Scham. Mutterschaft und die hohen Erwartungen an Frauen sind weitere Schwerpunkte. Dabei setzt der Roman feministische Impulse und regt zum Nachdenken an. Diese Form der Gesellschaftskritik hat mir sehr gefallen. Jedoch bringt die Autorin noch einiges mehr in der Geschichte unter, sodass sie inhaltlich etwas überfrachtet wird.

Auf den mehr als 300 Seiten ist die Geschichte unterhaltsam. Für Spannung sorgen mehrere Geheimnisse und Verwicklungen. Leider wirkte die Handlung an manchen Stellen zu sehr konstruiert.

Das hübsche Cover passt für mich thematisch nicht so richtig. Der deutsche Titel ist ebenfalls eine schlechtere Wahl als beim englischsprachigen Original („The Last Time I Saw You“).

Mein Fazit:
Mit „In den Augen meiner Mutter“ hat mich Jo Leevers nicht in Gänze überzeugt. Dennoch ist der Roman eine kurzweilige und spannungsreiche Lektüre.