Rezension

Wer dem Falschen vertraut...

Kalte Liebe -

Kalte Liebe
von Heike Rommel

Bewertet mit 5 Sternen

„...Ob du es willst oder nicht, deine kleine Lotte kommt jetzt in die Pubertät. Da werden sie erst schwierig, eine Zeit lang, bevor alles wieder ins Lot kommt...“

 

Dies Worte ihrer Schwester können Marianne nicht trösten. Wieso ist ihr 15jährige Tochter Charlotte seit mehreren Tagen verschwunden? Warum meldet sie sich nicht? Die Polizei nimmt Mariannes Sorgen nicht ernst.

Kommissarin Nina Tschöcke langweilt sich auf der Hochzeit einer Freundin. In wenigen Tagen wird sie mit ihrer Bruder und dessen Freundin für ein paar Tage Urlaub nach Mallorca fliegen. Da erreicht sie die Nachricht, dass eine tote junge Frau gefunden wurde. Kurzerhand sagt sie den Urlaub ab.

Die Autorin hat erneut einen fesselnden Krimi geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.

Der Schriftstil passt sich gekonnt den Gegebenheiten an. Das zeigt sich insbesondere in den Szenen mit Marianne. Wut, Trauer und Rachegedanken wechseln sich in sekundenschnelle ab. Selbst ihr Freund Hardy, der Verständnis für ihre Probleme zeigt und Angst um sie hat, kommt nicht mehr an sie heran. Sie will nur eins: den Tod des Mörders.

 

„...Wie schön, dass die Polizei nun tatsächlich mal reagiert. Jetzt, wo alles zu spät ist...“

 

Auffallend ist, dass sich Charlottes Verhalten seit Silvester extrem geändert hat. Selbst mit ihrer Freundin hat sie kaum noch Kontakt. Die Recherche von Nina und Roman, einen neuen Kollegen an ihrer Seite, ergibt, dass das Mädchen im Netz gemobbt wird. Der jugendliche Täter Vincent belässt es bei einer lapidaren Entschuldigung. Kann es wirklich nur das Problem gewesen sein, dass Charlotte finanziell mit ihren Klassenkameraden nicht mithalten konnte? Welche Rolle spielt die Tatsache, dass sie Vincent mit seinen Avancen kalt abblitzen ließ?

Auch ein Lehrerehepaar gerät in den Fokus der Ermittlungen. Sie haben die Wahrheit nicht gepachtet.

Sehr dicht und tief in die Psyche der Protagonisten eindringend stellt die Autorin die Ermittlungsergebnisse dar. Trotzdem bleiben Fragen offen. Dann aber stoßen sie auf eine Internetseite, auf der Charlotte aktiv war. Plötzlich gibt es einen völlig neuen Ermittlungsansatz. Wer rekrutiert junge Mädchen?

Das Buch zeichnet sich durch ein komplexes Beziehungsgeflecht der Protagonisten aus. Dabei sind die Kriminalisten und ihre Partner mitten im Geschehen. Lange bleibt unklar, wer im Hintergrund wirklich die Fäden zieht.

Hart klingen die Worte von Nele, einer jungen Prostituierten, die nur noch Drogen aufrecht halten:

 

„...Ich war irgendwann einfach zu kaputt, zu mager, zu süchtig, zu verbraucht. Dany hat das Interesse verloren, mich weggeworfen wie benutztes Klopapier. Die brauchen immer neue Mädchen...“

 

Im Schulbereich geht es derweilen um Machtspielchen, Unterdrückung und Abhängigkeiten. Wer das Sagen hat, überschreitet gern einmal Grenzen.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Am Ende bleibt keine Fragen offen. Ich kenne nicht nur Charlottes Mörder, ich weiß, was zu Silvester geschehen ist und der jungen Frau jeglichen Vertrauen genommen hat. .