Rezension

Wer ist der Junge auf dem Blindgänger?

Der Schieber - Cay Rademacher

Der Schieber
von Cay Rademacher

Bewertet mit 5 Sternen

Hamburg, Frühjahr 1947 – die Stadt ist nach wie vor größtenteils zerstört. Täglich werden Blindgänger gefunden und entschärft. Die Menschen hungern. Wenigstens frieren sie nicht mehr, denn es herrscht jetzt Ende Mai Tropenhitze. Der Schwarzmarkt floriert.

Dies ist die Kulisse zu Frank Staves zweitem Fall. Er wird zu einem Mordfall in den Hafen gerufen. Ein toter Jugendlicher liegt dramatisch drapiert auf einer Fliegerbombe. Da der Hafen dem Britischen Militär untersteht, ist auch Lt. James MacDonald bei den Ermittlungen wieder an seiner Seite.

Stave hat nicht nur bei seiner Arbeit den Mörder zu finden Probleme, nein auch in seinem Privatleben geht es drunter und drüber. Karl, sein Sohn kehrt aus der russischen Kriegsgefangenschaft wieder zurück. Das Zusammenleben der beiden vom Krieg gebeutelten Männer gestaltet sich schwierig. Dazu kommt, dass Staves Beziehung zu Anna hart auf die Probe gestellt wird. Sie gibt nicht allzu viel aus ihrer Vergangenheit preis, was den Polizisten zum Grübeln bringt.

Die Suche nach dem Mörder gestaltet sich verzwickt. Da ist zum einen sein Kollege Cäsar Dönnecke, der ihm das Leben schwer macht und zum anderen werden weitere Kinder, die allesamt das erste Mordopfer kannten, ermordet.
Wie hängen diese Verbrechen zusammen? Denn, dass sie zusammenhängen ist offensichtlich.

Stave und MacDonald gehen gemeinsam vor. Manchmal umgehen sie die geltenden Gesetze. Die Dialoge der beiden sind sarkastisch und humorvoll. Der Deutsche und der Engländer lavieren sich geschickt durch die Vorschriften.

Wird Oberinspektor Stave den oder die Mörder finden und festsetzen können?

Ich finde diesen Krimi, der in die Geschichte Hamburgs eingebettet ist grandios.
Die Beteiligten werden lebensecht und voller Zweifel dargestellt. Die Zwickmühlen in denen sowohl Stave als auch MacDonald stecken sind glaubwürdig beschrieben.

So oder ähnlich hat sich das Leben der Bevölkerung in vielen Städten Europas nach dem Krieg abgespielt. Der Leser kann dies hautnah miterleben. Auch die Ohnmacht Einzelner (wie Staatsanwalt Ehrlich), wenn manche der braunen Gesellen sehr, sehr rasch wieder zu Ansehen und Macht kommen.

Die Sprache ist der Situation angepasst. Ein wenig schräger Humor darf auch nicht fehlen.
Die Charaktere gut gezeichnet und haben Ecken und Kanten.

Fazit: wieder fünf Sterne und eine Leseempfehlung.