Rezension

Wer ist wie viel wert?

Unwert - Der Weg des Kirschmädchens -

Unwert - Der Weg des Kirschmädchens
von Yasmin Alinaghi

Bewertet mit 4.5 Sternen

Leirayas avatar
Leirayavor 10 Minuten
Wer das Cover von “Unwert“ sieht, der denkt womöglich an einen romantischen, leichten Roman über ein junges Mädchen. Schweift der Blick jedoch weiter nach oben, so bleibt er unweigerlich am Titel hängen. “Unwert“ scheint so gar nichts an der unbeschwerten Szenerie, die das Titelbild zeigt. Und doch ist der Blick des Mädchens abgewandt, sie scheint etwas anderes, etwas Neues zu sehen. Doch was?

Da ich gerne verschiedene Genre lese, hat mich zunächst einmal das Cover neugierig gemacht, da mir die Farben sehr gut in ihrem Zusammenspiel gefallen habe. In Verbindung mit dem Titel und Untertitel wollte ich es dann genauer wissen, und erfuhr aus dem Klappentext, dass es um eine Geschichte der Nazizeit geht. Ein junges Mädchen wird vergewaltigt und alle in ihrem Umfeld schauen weg, keiner hilft ihr. Damit nicht genug - sie muss sich auch noch vor Gericht verantworten. Ein seltsamer Widerspruch! Und genau darum geht es im Roman: was ist ein Leben wert? Wer bestimmt, wie man Leben darf? Wer beschützt wen? Die Nazis hatten in der NS-Zeit eine ganz andere Vorstellung davon und das sollte auch heute nicht vergessen werden!

Yasmin Alinaghi erzählt die Geschichte von Käthe Klepper sehr unterhaltsam und lebensnah. Man lernt das einfache Bauernmädchen Käthe in ihrer kleinen dörflichen Welt kennen, ihre Emotionen und Gedanken nachvollziehen und sieht den großen Kontrast zur männerdominierten Nazi-Welt, in der es keinen Platz für ungebildete “einfache“ Mädchen gibt, die möglicherweise andren im Weg stehen. Man durchlebt die verschiedensten Emotionen wie bspw. Mitleid, Ärger, Traurigkeit, Gleichgültigkeit, Fassungslosigkeit aber auch Freude mit Käthe und den andren Figuren mit. Durch Alinaghis Erzählstil fühlt man mit den Figuren in positiver wie negativer Weise mit und kann sich das Geschehen wirklich gut vorstellen. Etwas holprig war für mich der Anfang der Geschichte, in der ich mit zu vielen eingeführten Personen überfordert war und mich gefragt habe, wie das wohl mit dem Titelmädchen zusammenhängen soll. Auch waren mir die Perspektivwechsel zumindest zu Beginn etwas zu plötzlich und ich konnte der Handlung dadurch zu Beginn dieser Wechsel oft schwer folgen. Als mit die vielen Figuren dann etwas vertrauter warten, war dies jedoch kein Problem mehr und ich konnte allem gut folgen, war “drin“ in der Geschichte. Auch gab es einen sehr guten Spannungsbogen, der die Geschichte sehr interessant macht.

Ein gut gemachter Roman, der einen für mich weniger bekannten Aspekt der Nazi-Zeit genauer beleuchtet hat. Aufgrund der leider auch heute noch zutreffenden Aktualität, sollte auch gerade heute ein Buch wie das von Yasmin Alinaghi unbedingt gelesen werden.