Rezension

Wichtige Themen gehen zu Lasten der Spannung

Lange Schatten über der Côte d'Azur -

Lange Schatten über der Côte d'Azur
von Christine Cazon

Bewertet mit 3 Sternen

Buchmeinung zu Christine Cazon – Lange Schatten über der Côte d'Azur

„Lange Schatten über der Côte d'Azur“ ist ein Kriminalroman von Christine Cazon, der 2021 bei Kiepenheuer & Witsch erschienen ist.

Zum Autor:
Christine Cazon, Jahrgang 1962, hat ihr altes Leben in Deutschland gegen ein neues in Südfrankreich getauscht. Sie lebt mit ihrem Mann und Katze Pepita in Cannes, dem Schauplatz ihrer Krimis mit Kommissar Léon Duval.

Klappentext:
Die Ermittlungen zu seinem achten Fall führen Kommissar Léon Duval diesmal in die Vergangenheit, in die Zeit des Zweiten Weltkriegs und der deutschen Besatzung. Hat das, was dort begann, womöglich Auswirkungen bis heute? Einmal im Jahr, zu den Gedenktagen im November, polieren die Franzosen die Gedenksteine der Familiengräber und schmücken sie mit Chrysanthemen, Astern und Alpenveilchen. So auch in Cannes, auf dem historischen Friedhof Le Grand Jas. Auf einem der Gräber im israelitischen Feld aber liegt in einer blutroten Lache ein toter junger Mann. Duval übernimmt die Ermittlungen und erfährt schon bald, dass der junge Mann Jude war. War es eine antisemitisch motivierte Tat? Duvals Vorgesetzte wollen davon nichts wissen. Und doch schließt Duval diese Spur nicht aus, und seine Suche im Leben und Umfeld des jungen Mannes lässt eine Vergangenheit wieder aufleben, die manche lieber vergessen wollen. Aber auch privat hat Duval einiges auszustehen: Familienneuzugang Julie bekommt Zähne, und Freundin Annie hat Probleme, Kind und Beruf unter einen Hut zu bringen.

Meine Meinung:
In diesem Buch behandelt die Autorin gleich mehrere schwierige Themen wie durch Franzosen verübte Verbrechen während der deutschen Besatzung, die Furcht vor der Existenz antisemitischer Verbrechen in der Gegenwart und die Diskussion über die Rolle Leons bei der Betreuung seiner kleinen Tochter Julie. Die Autorin lässt ihre umfassende Recherche gekonnt in die Entwicklung der Geschichte einfließen und der Leser erkennt, dass die Aufarbeitung dieser Zeit nicht nur in Deutschland noch nicht abgeschlossen ist. Leon Duval muss mühsam herausfinden, wie die alten Geschichten in den aktuellen Mordfall hineinspielen. Leon ist etwas komplexer gezeichnet als die übrigen Figuren, wirkt sympathisch und kompetent, bietet aber auch Spielraum für Entwicklungen. Leons Team bleibt meist im Hintergrund, leistet aber gute Arbeit. Lange Zeit bezieht der Roman seine Spannung aus der Klärung alter Vorgänge. Der aktuelle Mordfall gerät fast in Vergessenheit und wird dann eher durch einen Gedankenblitz des Kommissars gelöst. Das hat mir weniger gut gefallen, auch wenn die Lösung vollständig und nachvollziehbar war. Ein angemessener Showdown begleitet die Überführung des Täters. Das besondere Flair Cannes spielt bei diesem Fall eher durch seine historischen Komponenten eine Rolle. Hier hätte es gern etwas mehr sein dürfen.

Fazit:
Ein Kriminalroman um wichtige Themen, der aber den aktuellen Mord vernachlässigt. Auch die Figurenzeichnung könnte ausgeprägter sein. So vergebe ich nur drei von fünf Sternen (60 von 100 Punkten). Ich spreche ein Leseempfehlung für diejenigen aus, die sich für den geschichtlichen Hintergrund interessieren.