Rezension

Wie ein Spaziergang durch Paris

Eines Abends in Paris - Nicolas Barreau

Eines Abends in Paris
von Nicolas Barreau

Bewertet mit 4.5 Sternen

Alain Bonnard, Besitzer eines kleinen Programmkinos in Paris, das früher seinem Onkel gehörte, ist Nostalgiker aus Überzeugung. In seinem Cinéma Paradis gibt es keine Eimer mit Popcorn, keine XXL-Colabecher, keine Hollywood-Blockbuster. Ein schlechtes Konzept zum Überleben. Doch Alain hält an seinen Qualitätsansprüchen fest. Er möchte Filme zeigen, die Träume schenken, und er mag die Menschen, die in sein Kino kommen. Ganz besonders diese bezaubernde schüchterne Frau im roten Mantel, die jeden Mittwoch erscheint und sich immer in die Reihe 17 setzt. Was für eine Geschichte sie wohl hat?

Eines Abends fasst sich Alain ein Herz und bittet die schöne Unbekannte zum Abendessen. Die zarteste aller Liebesgeschichten bahnt sich an, da passiert etwas, das das Leben des eigenwilligen Kinobesitzers völlig auf den Kopf stellt: Das Cinéma Paradis soll Schauplatz in Allan Woods neuem Film Zärtliche Gedanken an Paris werden. Solène Avril, die Lieblingsschauspielerin des berühmten amerikanischen Regisseurs, kennt das Kino noch aus Kindertagen und hat es sich in den Kopf gesetzt, dort zu drehen. Alain ist völlig überwältigt, als er den kapriziösen Star persönlich kennenlernt. Mit einem Mal stehen das kleine Filmtheater und sein Besitzer im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Der plüschige Kinosaal ist nun jeden Abend ausverkauft.

Doch da ist eine Sache, die den jungen Mann sehr beunruhigt: Die Frau im roten Mantel, von der er nicht viel mehr weiß als ihren Vornamen, ist plötzlich wie vom Erdboden verschwunden. Zufall? Alain begibt sich auf die Suche und erlebt eine Geschichte, wie sie kein Kino schöner erfinden kann. Aber bis Alain die Wahrheit hinter den Dingen erkennen kann, muss er noch einiges aushalten.

Dies ist mein erstes Buch dieses Autors und ich bin restlos begeistert. Und das aus gleich mehreren Gründen. Barreau ist eine ganz bezaubernde Liebesgeschichte gelungen - mit allen Facetten, die eine solche Geschichte aufweisen kann. Glaubhaft schildert der Autor in seinem Roman die Gefühlswelt von Alain, der sich unsterblich verliebt hat, ohne auch nur einmal kitschig zu werden. Doch wie gewonnen so zerronnen möchte man dem Protagonisten zurufen, denn nach einer ersten Verabredung ist seine schöne Unbekannte, ist die Frau im roten Mantel wie vom Erdboden verschluckt. Und Alain ist nicht mehr er selbst. Einerseits von dem Filmprojekt in seinem Kino begeistert und beeindruckt von einer ganz neuen Welt, die er durch den Star des Films und den Regisseur kennenlernt ist er doch im nächsten Moment schon wieder zerrissen und verzehrt sich nach dem Traumbild, das er nicht festhalten konnte.

Wunderbar leicht erzählt ist dieser Roman, der einem außerdem auf eine unvergleichliche Weise Paris näherbringt. Auch wenn ich dort noch nie war, habe ich doch beim Lesen immer mehr den Eindruck empfunden, die Straßen und Plätze, die Bauwerke und Restaurants schon lange zu kennen.