Rezension

Wie viele Erlebnisse passen in eine Geschichte?

Ich, ein Sachse -

Ich, ein Sachse
von Samuel Meffire

Bewertet mit 4.5 Sternen

Das habe ich mich oft gefragt, während ich kopfschüttelnd das Buch von Samuel Meffire gelesen habe.

Ich gebe zu, dass es nicht immer leicht war, all den dicht aneinander gereihten Erlebnissen zu folgen, doch spannend war es auf jeder Seite, in jeder Zeile. Irgendwo stand, dass seine Erfahrungen für zwei Leben reichen würden. Absolut. Wenn nicht sogar für drei.

Mir gefällt Meffires Schreibstil. Er ist locker, ungezwungen, unkonventionell, natürlich, sympathisch. In einigen seiner Lebensabschnitte gab es Zeiten, in denen er nichts tun konnte außer zu schreiben. Und das merkt man. Er kann es einfach.

Meffire erzählt im Buch zunächst seinen beiden neugierigen Kindern, wo und wie er großgeworden ist und nimmt uns LeserInnen mit in seine Vergangenheit, in seine ostdeutsche Kindheit, die alles andere als einfach für ihn war. Auf seinem Lebensweg sind so viele Dinge kaputtgegangen und auch er wäre beinahe daran zerbrochen. Bewundernswert, wie er es geschafft hat, all den Höllenschlunden immer wieder zu entkommen.

Die Kapitelbeginne, die in der Gegenwart spielen, waren für mich als Leserin erholsam, bevor es wieder weiter ging mit den schonungslosen Berichten über seine Vergangenheit.

In diesem Buch liegt der Focus auf dem Osten Deutschlands in der Zeit nach der Wende. Hier wird deutlich, wie perspektivlos plötzlich viele Menschen waren. Und wie hilflos, denn ihnen wurde alles genommen, was ihr Leben bis dahin bestimmt hatte. Die neue Freiheit brachte vor allem Fremdenhass, Arbeitslosigkeit, Verarmung und neue Drogen und für viele war es schwer, sich diesem Sumpf zu entziehen.

Meffire stolperte aus eben diesen Gründen von einem Loch zum nächsten, geriet an falsche Freunde und musste dafür büßen. Hart büßen. Dass er heute der ist, der er ist und das tut, was er kann, finde ich bewundernswert.

Von mir bekommt „Ich, ein Sachse“ 4,5 von 5 Sternen. Den halben Punkt Abzug gibt es, weil es für mich oft einfach zu viel an Information war und weil die Sprünge zwischen den vielen Erlebnissen nicht immer einfach nachzuvollziehen waren.

Ich danke Vorablesen und ullstein extra für das zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar.