Rezension

Wohlfühl-Roman

Nur wer loslässt, hat das Herz frei - Amy E. Reichert

Nur wer loslässt, hat das Herz frei
von Amy E. Reichert

Bewertet mit 4.5 Sternen

Zwei Jahre sind vergangen, seit Gina Zoberskis Mann Drew viel zu früh starb. Der Gedanke daran, dass Drew nicht mehr bei ihr ist und es nie mehr sein wird, schmerzt noch so sehr, wie am ersten Tag. Gina ist eine hoffnungslose Optimistin und spielt ihrer pubertierenden Tochter May vor, dass das Leben ganz normal weitergeht. Doch das ist nicht so und damit muss sich Gina jeden Tag auseinandersetzen. May will einfach in Ruhe gelassen werden und geht Gina weitestgehend aus dem Weg. Und Ginas kritische Mutter Lorraine erweist sich auch nicht als Fels in der Brandung. Sie ist eher kühl und beherrscht. Der schöne Schein geht ihr über alles. Da Gina ganz andere Prioritäten setzt, ist es schon ihr ganzes Leben lang so, dass Lorraine ständig etwas an ihr auszusetzen hat. Doch plötzlich ändert sich alles, denn Lorraine hat einen Schlaganfall. Als Gina in Panik alle wichtigen Unterlagen mit ins Krankenhaus nimmt, entdeckt sie eine Urkunde, die dafür sorgt, dass ein altes Familiengeheimnis endlich gelüftet wird...

 

Die Handlung wird aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet. Abwechselnd stehen Gina, May und Lorraine im Zentrum der Ereignisse. Zwischendurch gibt es auch immer mal wieder Rückblicke in die jeweiligen Vergangenheiten. Das klingt zwar verwirrend, ist es aber nicht. Im Gegenteil, wenn man sich einmal eingelesen hat, wirken Perspektiven- und Zeitenwechsel äußerst interessant. Denn so erfährt man nach und nach mehr über die jeweilige Hauptprotagonistin und die einzelnen Puzzleteile der Geschichte fallen in angemessenem Tempo an die richtige Stelle. So kann man diesen wunderbar erzählten Roman entspannt genießen und ganz in die Handlung eintauchen. 

 

Die Charaktere sind sehr facettenreich. Durch die wechselnden Perspektiven kann man sie aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten. Dabei stellt sich schnell heraus, dass sie nicht so sind, wie sie auf den ersten Blick scheinen. Die Autorin versteht es hervorragend, sie lebendig wirken zu lassen. Dadurch schaut man gerne hinter die Fassaden und ist erstaunt zu sehen, was sich dahinter verbirgt. Auch wenn man früh ahnen kann, was es mit dem Familiengeheimnis auf sich hat, beobachtet man gerne, wie sich alles miteinander verbindet. Denn die Charaktere wachsen einem beim Lesen geradezu ans Herz, sodass man mit ihnen mitfiebert. Es gibt Szenen, die man eher distanziert betrachtet, aber dann gibt es auch wieder welche, die emotional tief berühren. Die Handlung wirkt dadurch ausgewogen und nicht zu zuckersüß. 

 

Ein Wohlfühl-Roman, der zunächst gemächlich beginnt, es dann aber schafft, mitten ins Herz zu treffen.