Rezension

Zauberkunst und Magie

Da sind wir
von Graham Swift

Bewertet mit 4 Sternen

Von der Flüchtigkeit des Seins und von der Illusion der Dinge erzählt dieser einfühlsam geschriebene Roman.

Die 1950er Jahre neigen sich dem Ende zu. Die entbehrungsreiche Kriegs- und Nachkriegszeit ist vorbei, man will wieder Spaß und Unterhaltung. Im Seebad Brighton vergnügen sich die Menschen und genießen die angenehme Stimmung. Eine besondere Attraktion ist das auf dem Pier gelegene Theater, in dem allabendlich eine große Varieté-Show stattfindet. Conférencier ist der 28 Jahre alte Jack, die Sensation sind jedoch sein gleichaltriger Freund Ronnie, der sich auf der Bühne Pablo nennt, mit seiner drei Jahre jüngeren Partnerin Evie, welche das Publikum mit ihrer Zaubershow in Erstaunen versetzen. Die  beiden sind ein Paar, bis Evie mit Jack ein Verhältnis beginnt und Ronnie alias Pablo sich auf offener Bühne selbst verschwinden lässt …

Graham Swift, geb. 1949 in London, ist ein britischer Schriftsteller von Romanen und Kurzgeschichten. Zentrales Thema seiner Bücher ist, wie auch in „Da sind wir“ (2021), die Funktion der Erinnerung. In Fragmenten erzählen die Protagonisten rückwirkend und vorausschauend ihre Geschichte, die erst zum Ende hin ein sinnvolles Ganzes ergibt.

Kein Liebesroman, sondern die Geschichte einer Dreiecksbeziehung, bei der die üblichen Emotionen wie Liebe und Eifersucht ausgeklammert sind. Wir erleben Passagen aus Kriegstagen, denen das Landleben in Friedenszeiten gegenüber gestellt ist, Kinder aus London werden aufs Land verschickt und nach dem Krieg erlebt das Varieté eine glanzvolle Zeit. Zaubern, die Illusion des Verschwindens und gleichzeitig die körperlichen Anwesenheit verwirren die Sinne. In zeitlich vor- und zurückspringenden kurzen Episoden, die abrupt aufhören und später zu Ende erzählt werden, erinnert sich Evie als 75jährige zurück, bis wir am Schluss selbst versuchen, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen.

Fazit: Ein nicht ganz einfach zu lesender und verstehender Roman, dessen Sinn sich erst mit einiger Verzögerung erschließt, wenn man sich auf die fragmentierte Erzählweise einlässt.