Rezension

Zu reduziert

Was der See birgt -

Was der See birgt
von Lenz Koppelstätter

Bewertet mit 2.5 Sternen

Las sich wie eine Rohfassung einer spannenden Idee, mit eher unsympathischen Figuren, aber ansprechendem Schreibstil. Mir war das zu wenig.

Gianna Pitti, Lokalreporterin in Riva am Gardasee, ist entsetzt. Erst gestern sprach sie noch mit dem jungen Mann, der tot am Jachthafen entdeckt wurde! Natürlich möchte sie zu den Ermittlungen beitragen und beginnt privat zu recherchieren. Unterstützt von ihrem Onkel Francesco und ihrer Chefin Elvira führen die Spuren zu einem prominenten, prunkvollen Anwesen, auf dem regelmäßig opulent gefeiert wird. Mysteriös wird es zudem, als man im Rachen des Ermordeten einen goldenen Anhänger findet. Aber all das schreckt Gianna nicht ab, ganz im Gegenteil. Ihre Neugier könnte aber auch zur Gefahr werden, denn hier scheinen sich einige ungelöste Fälle zu kreuzen.

Bisher hatte ich noch kein Buch aus Lenz Koppelstätters Feder gelesen, doch sein klarer Erzählstil und die unmittelbar präsente Atmosphäre gefielen mir bereits in der vorab verfügbaren Leseprobe außerordentlich gut. Ich mochte die Inszenierung der norditalienischen Kultur und der Einheimischen, die genau im richtigen Maß einfloss, um das Ambiente zu unterstreichen.

Allerdings empfand ich die Protagonistin Gianna und ihren Onkel Francesco, die beide aus einem verarmten Adelsgeschlecht stammten, nicht ausreichend auf Augenhöhe mit mir als Leserin. Gianna lebte zwar ein „normales“ Leben, aber ihren gesellschaftlichen Stand und die damit verbundenen Privilegien hatte sie in meinen Augen nie wirklich aufgegeben, was durch den kompletten Roman spürbar war und mich durch eine dezente Arroganz stets auf Abstand hielt. Dies mag vom Autor durchaus beabsichtigt gewesen sein, bei mir persönlich kam das Ganze aber nicht gut an und erzeugte eher eine Art Antipathie für die entsprechenden Figuren. Vor allem empfand ich Giannas wiederholt vernichtende Gedanken und Aussagen über Touristen sehr befremdlich und störend.

Zudem erschien mir die Erzählung generell eher wie eine Rohfassung, da mir Handlung und Spannungsbogen unwahrscheinlich reduziert vorkamen. Im Grunde mag ich keine langen Ausschweifungen im Geschehen, aber ohne die eine oder andere Ausschmückung, wäre es letzten Endes wohl eine sehr kurze Geschichte geworden. Auf mich wirkten Giannas Entdeckungen, aber auch Francescos private Untersuchungen, irgendwie lose, und für die Brisanz der Situation thematisch vernachlässigt. Außerdem hatte ich den Eindruck, dass mehr oder weniger nur das mysteriöse Treffen erzählt werden wollte, das mich verdächtig nahe an Szenen aus Stanley Kubricks „Eyes Wide Shut“ erinnerte. Mir war dieser Showdown letzten Endes, im Verhältnis zu den dürftigen Ermittlungen im Vorfeld, zu ausgedehnt und nicht erklärend genug. Strenggenommen fehlte mir schlussendlich das befriedigende Gefühl eines Abschlusses.

Insgesamt war ich etwas überrascht über die Umsetzung dieses Kriminalromans. Meiner Meinung nach hätte man an vielen Ecken mehr Informationen fließen lassen und interessante Spuren ausgiebiger verfolgen können. Die Geschichte las sich, stilistisch gesehen, zwar hervorragend, Figuren und Umsetzung hätten meiner Meinung nach allerdings ein Upgrade vertragen können. Eine klare Leseempfehlung gebe ich hier daher nicht. / 2,5 Sterne