Rezension

Zu wenig Konsequenz in der Absicht

Für immer und ein Jahr -

Für immer und ein Jahr
von Stefanie Hansen

Bewertet mit 2.5 Sternen

Das Gesamtpaket „Für immer und ein Jahr“ hat mich sehr an die diversen Bücher von Cecelia Ahern erinnert, die auch bei Fischer eine Heimat gefunden hat. Inzwischen habe ihre Bücher in den Neuauflagen ein ganz anderes Design, aber das Bläuliche in verschiedenen Variationen und dann die Stilistik der Titelwahl, da sind wir von Stefanie Hansen und „Für immer und ein Jahr“ nicht weit weg. Mit dem Klappentext speziell musste ich auch sofort an „P.S.: Ich liebe dich“ denken, weswegen ich sofort reinlesen wollte.

Mich hat die Idee mit dem Geburtstagskalender, den der Witwer ein Jahr lang für die Verstorbene mit Anrufen ausführen soll, gleich überzeugt, zumal im Nachwort auch erklärt wird, dass es auf einer wahren Geschichte beruht, für die eine Autorin gesucht wurde. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass es für Hinterbliebene eine gute Gelegenheit ist, einen Halt zu haben und es so von Anruf zu Anruf auch einfacher wird. Dementsprechend habe ich mich emotional vorbereitet in die Lektüre gestürzt und muss leider doch sagen, dass ich sehr enttäuscht wurde. Unterm Strich glaube ich, dass das Buch überall sehr gute Ansätze hat, denn die Trauer ist sehr gegenwärtig und ihren verschiedenen Formen deutlich zu spüren. Ich fand es auch total löblich, wie die beiden Kinder, Finn und Lina, dargestellt wurden. Es war sehr altersentsprechend und es wurden auch jeweils unterschiedliche Trauerprozesse dargestellt. Ich mochte auch die weitere Mischung an Nebenfiguren, gerade die Großmütter waren doch zwei sehr spezielle Charaktere, aber es hat gut in diese Geschichte gepackt. Gerade weil sie ein Gegenmodell zueinander darstellten, in dem Jan seinen Weg mit seiner Familie finden muss. Auch das Ende ist für mich vollkommen in Ordnung gelungen, weil es alles in einem Rahmen erfolgt ist, den ich für ein Jahr als angemessen empfunden habe.

Aber inmitten dieser Ansätze habe ich vor allem Konsequenz vermisst. Es war zwar okay, dass Jan zum einen nicht der Telefonierer ist (bin ich auch nicht) und dass er sich gerade anfangs wegen der Trauer auch sehr schwer getan hat und einige Geburtstage hat ausfallen lassen, aber ich hatte es mir im Vorfeld als zentrales Momentum vorgestellt. Das kann man aber nicht wirklich behaupten. Ja, es gibt immer mal wieder Anrufe und einige führen auch zu interessanten Nebengeschichten, wie beispielsweise der Anruf bei der Trauerrednerin Tina, der wahrscheinlich auch der wichtigste des ganzen Buchs ist, aber die Handlung verliert das irgendwann fast völlig aus den Augen. Jan wächst auch so an seinen Aufgaben, das kann ich nicht leugnen, aber ich fand es auch als verbindendes Element zu Kaya schön und weil so viele Anrufe gar nicht stattgefunden haben, brach das auf eine Weise, die ich schade fand. Ein weiterer großer Kritikpunkt ist für mich auch, dass viele Handlungen mit dem Kapitel auf einmal abzubrechen scheinen. Da backt die Familie Kuchen, es gibt Schwierigkeiten, Cut und vorbei. Ich kann mir als Leserin denken, dass es in einer Katastrophe geendet ist, aber warum so vieles in der Luft hängen lassen? Das passiert nicht einmal, sondern dauernd. Ja, ich kann Lücken füllen, aber durch die Stilistik entstand bei mir verstärkt der Eindruck, dass Jan keinerlei Beziehungen führen kann, weil ihm schnell alles wieder egal schien. Vielleicht bin ich in dem Punkt auch zu weit von Jan weg, aber ich fühlte mich da mehrfach im Stich gelassen.

Ein letzter Punkt, der mich etwas zwiegespalten hinterlässt, das sind die Einschübe von Kaya, als Geist (?). Ich war beim ersten Auftauchen irritiert, habe dann aber auch diverse Gedanken darin gefunden, die für mich Kaya auch aktiv als Figur gestaltet haben und nicht nur die Erinnerungen durch die anderen. Gleichzeitig aber hatte ich den Eindruck, dass Kaya immer betont hat, nun wäre alles egal, weil menschliche Gefühle für sie keine Rolle mehr spielen, als wäre sie ein anderes Dasein. Aber in manchen Passagen hat sie sich dann doch wieder widersprochen. Das hat mir die Einschübe dann wieder verhagelt, denn auch hier, keine Konsequenz.

Fazit: Ich habe mir bei „Für immer und ein Jahr“ ein ganz anderes Buch vorgestellt, leider. Es gab sehr wichtige Ansätze und ich habe insgesamt alle Tendenzen und Entwicklungen auch verstanden und gut geheißen. Aber gerade auf der stilistischen Ebene war es wenig konsequent und wirkte für mich in zu vielen Aspekten wie zusammengewürfelt. Emotionen blieben dadurch viel zu oft auf der Strecke.