Rezension

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Zwischen den Welten

Das Haus des Windes - Louise Erdrich

Das Haus des Windes
von Louise Erdrich

Joe lebt mit seinen Eltern in einem Indianerreservat in North Dakota, als seine Mutter Opfer eines brutalen Verbrechens wird und sich komplett in sich selbst zurückzieht und weder Mann noch Sohn an sich heranlässt. Joe beobachtet die Entwicklung mit großer Sorge und in ihm reift der Wunsch nach Rache. Mit seinen drei Freunden versucht er, dem Täter auf die Spur zu kommen. Als dieser endlich gefasst wird, gibt es allerdings Schwierigkeiten, denn die Frage nach der Behördenzuständigkeit kann nicht eindeutig geklärt werden. Und in Joe wird der Gedanke an Selbstjustiz immer lauter…

Erst hat mich die Nicht-Schreibung der Gänsefüßchen bei der direkten Rede irritiert, aber je weiter ich gelesen habe, desto mehr wurde der Eindruck vermittelt, dass der Ich-Erzähler (Joe) sich an die Geschehnisse erinnert und alles erneut durchlebt. Das machte die Geschichte sehr lebendig und mitfühlend.

Die Atmosphäre beschreibt die Autorin äußerst bedrückend, auch die Auswirkungen des Überfalls auf andere, nicht nur auf das Opfer an sich, sind sehr realitätsnah wiedergegeben. Leise Worte, kleine Szenen beschreiben das neue Umfeld, das sich düster und beklemmend über das alte Leben legt.

Generell ist die Sprache dieses Romans besonders und nimmt einen mit in die Welt und Kultur der Indianer, die in einem Reservat leben; auch wenn diese geographisch sehr weit entfernt scheinen, fühlt man sich dort eingebunden. Trotz der ganzen Dramatik gibt es auch Szenen, die einen zum Schmunzeln bringen.

Man kann als Leser gut mit Joe mitfühlen, dass er etwas erreichen will, damit alles so ist wie früher, damit seine Mutter wieder die alte wird, an die er sich gerne erinnert. Den Trotz, die Unbändigkeit, der Übermut, die Wut, all das ist so realistisch beschrieben, dass man sich gut in den Jungen hineinversetzen kann. Besonders treffend finde ich die Grenze zwischen Kind und Erwachsenen aufgezeichnet: zum einen fantasiert er über Star Trek, zum anderen trinkt er Bier und raucht.

Ein Roman, der nicht nur über die unbekanntere Indianerkultur und reale Rechtsprobleme erzählt, sondern auch den alltäglichen Wahnsinn der Pubertät widerspiegelt.