Moderne Indianer mit alten Problemen
Bewertet mit 5 Sternen
Ich habe gerade das Buch beendet und immer noch einen Kloß im Hals. Es trifft einen ziemlich, dabei ist es locker und witzig geschrieben.
Joe, ein indianischer Anwalt, erzählt aus seiner Kindheit im Reservat in den 80er Jahren.
Seine Mutter wurde vergewaltigt und war seitdem nur noch ein Schatten ihrer selbst. Damals war Joe 13 Jahre alt.
Er und sein Vater versuchen alles, um sie ins Leben zurückzuholen. Außerdem versuchen sie den Täter zu überführen, was schwierig ist, da Joes Mutter nicht darüber reden will.
Man bekommt einen sehr lebendigen Eindruck vom Leben im Reservat und von der indianischen Kultur, wie sie heute gelebt wird.
Joe lungert mit seinen Freunden herum, spielt auch mal Videospiele, beobachtet heimlich seine heiße Tante Sonja, die Stripperin war. Gleichzeitig sind alle sehr verbunden mit indianischen Traditionen. Männer treffen sich zu geisterbeschwörenden Trinkgelagen. Mooshums, Joes Großvater, der noch Büffel gejagt hat, erzählt gerne alte Geschichten. Früher gab es z. B. Wiindigoos, Menschen, die plötzlich blutrünstig über andere hergefallen sind. So einer könnte Joes Mutter erwischt haben. Oder war es gar ein Weißer? Gibt es auch weiße Wiindigoos? Und wenn es ein Weißer war, kann er dann verurteilt werden? Indianische Gerichtsbarkeit in Reservaten richtet sich auch heute noch nach den Gesetzen der amerikanischen Gründerzeit, als die Wilden sich den zivilisierten Weißen unterwerfen mussten.
Diese Geschehnisse erzählt Joe aus seiner jugendlichen Sicht in vordergründig einfacher Sprache, manchmal aber auch poetisch, sehr oft humorvoll, immer gnadenlos ehrlich.
Es ist eine Geschichte über ein grauenhaftes Verbrechen, das aufgeklärt und vergolten werden muss. Sie erzählt aber auch über Freundschaft, Erwachsenwerden, Familie, Traditionen mit einem Aufgebot an skurilem Personal, mit viel Einfühlungsvermögen und Selbstironie und lässt den Leser staunend und betroffen zurück.