Rezension

....aber dann! Spannende Lovestory mit extrem erstaunlicher Wendung

The Silence Between Us -

The Silence Between Us
von Nadine Dela

Bewertet mit 4 Sternen

>>>MEINE LESEEMPFEHLUNG AUF 1 BLICK Ideal für Fans zeitgenössischer Liebesromane, die sich flüssig lesen lassen!

>>> INHALT

Wir begleiten in dieser Geschichte Mia, eine schwer traumatisierte Frau Anfang 20, die an Aphasie leidet, der vorübergehenden Unfähigkeit zu sprechen. Bei ihr wurde die Stummheit durch die Tatsache ausgelöst, dass ihre Eltern einem blutigen Verbrechen zum Opfer fielen und sie die Leichen entdeckte. Mia reist etwa zwei Jahre nach dem Doppelmord nach Edinburgh, um Laura, ihrer besten Freundin, bei den Hochzeitsvorbereitungen zu helfen. Kein einfaches Unterfangen für jemanden, der nicht spricht und seine Probleme in sozialen Situationen hat. Laura pflegt eine ganz besondere Beziehung zu Mia und stand ihr während ihrer gesamten Rekonvaleszenz nach der Bluttat bedingungslos zur Seite. Jetzt heiratet sie Ian, dessen Bruder Finn Mia am Flughafen in Edinburgh abholt: ein klassischer Fall von Liebe auf den ersten Blick, denn unmittelbar fühlen sich die zwei jungen Menschen zueinander hingezogen. Immer wieder verfallen sie danach in ungläubiges Staunen im Hinblick auf ihre Gefühle angesichts der Tatsache, dass dergleichen eher unwahrscheinlich ist, da sie einander nicht kennen. Warum sollte Amors Pfeil eine Stumme und einen jungen Mann treffen, der ebenfalls ein Trauma zu verarbeiten versucht?

Die Lovestory betrachtet die rasante Entwicklung dieser unwiderstehlichen Beziehung auf dem Hintergrund der Hochzeitsvorbereitungen, berichtet von den Traumaerlebnissen sowohl von Mia wie auch von Finn und davon, wie sie das Leben und Erleben der beiden beeinflussen. Ausgesprochen spannend wird die ganze Geschichte, als aus heiterem Himmel ein regelrechter Anschlag auf Mia verübt wird …

>>> EINSEITIGE DIALOGE – EINE KUNSTFORM!

Es ist schon ein gewagtes Unterfangen, wenn jemand einen Roman mit einem stummen Protagonisten verfassen will. Möchte man eine Handlung schwungvoll voranbringen, empfehlen viele Ratgeber für Autoren, direkte Rede zu verwenden. Einigermaßen schwierig, wenn die Hauptperson ausdauernd schweigt. Nadine Dela ist mit diesem Umstand geschickt umgegangen. Sie studiert die Mimik, vor allen Dingen den Ausdruck der Augen ihrer Protagonistin und vermittelt so auch ohne Worte einen intensiven Eindruck von deren Seelenleben, sodass schließlich andere Formen der Kommunikation jenseits von Sprache entstehen. Mia hat sich [dank ihrer Schöpferin ;-)] mit Menschen umgeben, die verstehen, sie und ihre Körpersprache zu lesen. So etwas ist heutzutage selten, weil viele Menschen mit einem oberflächlichen Eindruck zufrieden sind, sich gar nicht wirklich auseinandersetzen wollen, bloß “mal kurz checken“, bloß nicht verbindlich werden - und weiter geht's in der üblichen Eile. Die meisten Personen, die uns Nadine Dela in ihrem Roman vorstellt, sind sympathisch: Es handelt sich um Leute, denen es darauf ankommt, was unter der Oberfläche verborgen ist, die sich Zeit nehmen, in der Tiefe etwas zu entdecken und ein Gespür dafür besitzen, Kommunikation auch ohne Worte stattfinden zu lassen. So gesehen stellt der Roman, zumindest in der ersten Hälfte, einen angenehmen Kontaktpunkt zu unserer oft ins Schwafeln geratenen Gesellschaft dar, wo viele Personen reichlich Worte machen, ohne wirklich etwas zu sagen oder auszudrücken. Das hat mir gefallen: eine schöne Illusion, aber im Buch darf ja gern geträumt werden.

>>> DIE SPRACHE

Ja, ich gebe es zu, ich bin ein Sprachfetischist. Ich mag es, wenn die deutsche Sprache in ihren unglaublich vielen Facetten ausgereizt wird, denn es handelt sich um eine der am besten ausgebauten Sprachen der Welt. Nadine Dela verfasst ihren Roman eher in einem schlichten, sehr direkten Stil. Manchmal lässt sie ihre Protagonisten sich regelrecht salopp ausdrücken: runter statt herunter, mal statt einmal und so weiter. Wer zeitgenössische Liebesromane mag, dem wird dieser alltags-authentische Stil wahrscheinlich sehr gefallen. Ich persönlich habe es lieber etwas differenzierter bzw. komplizierter. Für manche vermittelt Alltagssprache die Direktheit einer Story, also ihre unmittelbare Wirkung auf einen Lesenden, für andere wiederum eine Schriftsprache, die im Niveau – möglichst unangestrengt – über der alltäglichen Ausdrucksweise liegt.

Wie das derzeit in vielen Romanen üblich ist, schreibt die Autorin im Präsens und wechselt die Perspektive kapitelweise zwischen den Hauptfiguren, wobei die Überschriften jeweils ansagen, wer gerade auf die Ereignisse blickt und seine Gefühle kommentiert.

>>> WO MIR TIEFGANG FEHLT

Bisweilen hatte ich bei der Lektüre das Gefühl, die Verfasserin der Story zoomt ganz nah an die Handlung heran, fokussiert ausgesprochen eng. Manchmal hätte ich gern mehr Hintergrundwissen bekommen. Was studiert Laura, was Finn? Schließlich sagt die Wahl des Studienfaches etwas über eine Person aus, rundet deren Bild ab. Wer genau waren Mias Eltern? Wie kamen Nachbarn, Lauras Eltern dazu, sich so ungewöhnlich intensiv um die traumatisierte Hinterbliebene zu kümmern? Manch ein Detail im Zusammenhang mit den Hochzeitsvorbereitungen (Kuchen probieren…) fand ich letztlich unerheblich und es wurde genau geschildert – andere Puzzleteile im Bild dagegen habe ich vermisst.

>>> LEBENSERFAHRUNGEN DER AUTORIN

Ein paar biografische Bemerkungen macht die Autorin über sich selbst ganz am Schluss des Buches. So etwas zu lesen lohnt sich, wenn man rezensiert. Ein bisschen Hintergrundwissen über die Person, die einen Roman verfasst, bettet diesen in einen gewissen Kontext. Offensichtlich ist Nadine Dela eine jener Personen, die Liebe auf den ersten Blick am eigenen Leib und im eigenen Leben erfahren haben, erleben durften. Mir persönlich hat es im Verlauf des Romans nicht so gut gefallen, dass und wie häufig dies betont sowie wiederholt wurde: dass da zwei Menschen verblüfft reagieren, weil sie einander zeitlich erst ganz kurz kennen und doch eine Verbundenheit spüren, die angesichts dieser winzigen Zeitspanne geradezu unwahrscheinlich wirkt. Mir hätte es durchaus gereicht, wenn das einmal thematisiert worden wäre. Zweimal maximal. Dass Nadine Delas deutlich häufiger tut, ist wohl der Tatsache geschuldet, dass zwei solche von Amors Pfeil getroffene Personen sich quasi rundum immer wieder rechtfertigen müssen, weil ihr Umfeld ihren Zustand des Verliebtseins nach so kurzer Zeit nicht zu akzeptieren in der Lage ist – so hat es die Verfasserin selbst erlebt. Das erklärt bzw. begründet, warum an derart vielen Stellen des Romans dieses Motiv in unterschiedlichen Formulierungen zum Ausdruck gebracht wird. Ich finde das weniger interessant, in der Regel reicht eine Wiederholung für mich, um zu begreifen, dass etwas wichtig und / oder bemerkenswert ist.

Der Klappentext des Romans ist ausgesprochen clever verfasst: Ich wollte sofort wissen, welche Vorgänge, Ereignisse oder Gefühlszustände nötig waren, um Mia und Finn ihre gegenseitige Anziehungskraft entwickeln zu lassen – und genau an diesem Punkt hat mich das Werk enttäuscht. Wo ich so neugierig auf Details gewartet habe, blieb es bei einem „Das ist halt so!“ – und basta. Ich denke, diese Erklärung, die ja im Prinzip keine ist, wirkt auf Leser sehr unterschiedlich: Der Eine wird sie lieben, weil alles so zwingend, so alternativlos und damit unanfällig für Fehler erfolgt – dem Nächsten geht es wie mir und der bloße Hinweis auf einen unwiderstehlichen Magnetismus zwischen zwei Partnern lässt ein Gefühl der Unzufriedenheit, weil offene Fragen zurück.

DER SUPERTOLLE "WOW-MOMENT" IN DIESEM ROMAN FÜR MICH …

… muss an dieser Stelle ein Geheimnis bleiben, denn sobald ich mich dazu äußere, „spoilere“ ich. Aber da kommt eine Überraschung der Extraklasse auf Lesende zu. Den Begriff Plot Twist möchte ich hier allerdings vermeiden – warum, das erklärt sich beim Lesen.

Bereits der Klappentext des Buches weist darauf hin, dass es an Fahrt gewinnt, dass es mit zunehmender Länge spannender wird. Das kann ich rundum bestätigen! Also bitte für die letzten Kapitel keine Lesepausen einplanen ...

>>> ZUM COVER

Wundervoll passend. Viel Harmonie, sanfte Farbtöne. Lichtfunken als Symbole der Hoffnung. Fliegende Vögel als Zeichen dafür, dass jeder jederzeit aufbrechen kann, um das Glück zu suchen. Kein freier Blick bis zum Horizont und eine etwas verschwommene Aussicht passend zu den teils ungewissen Zukunftsaussichten, die das Werk skizziert. Mir gefällt´s.

>>> FAZIT

In einigen Bereichen konnte mich der Roman nicht überzeugen – aus Gründen meines individuellen Geschmacks, die ich im Verlauf der Rezension erklärt habe.

Der "Wow-Moment" wertet das Werk in meinen Augen beträchtlich auf - darauf muss man erst einmal kommen! Kompliment.

Es handelt sich insgesamt um eine handwerklich gute Arbeit mit einem genialen Klappentext-Köder, einem klugen Design fürs Cover und einer spannenden sowie bewegenden Story.

Daher gerne 4 Sterne.