Rezension

Alle Tiere verdienen unseren Respekt

Raben -

Raben
von Thomas Bugnyar

Bewertet mit 3.5 Sternen

Rabenvögel werden völlig verkannt! Alfredo Hitchcock hat einiges dazu beigetragen für das schlechte Renommée größerer Vögel. Interessant, dass Rabenvögel nicht singen, sondern eine Art Sprechgesang haben: eigentlich sind sie Rapper.

Thomas Bugnyar (geb. 1971) ist ein österreichischer Verhaltensbiologe mit Schwerpunkt Kognitionsstudien an Raben. Seit vielen Jahren beobachtet er diese wunderbaren, intelligenten Tiere und arbeitet mit ihnen, um sie besser zu verstehen und um zu erreichen, dass die Menschen die Tiere besser verstehen. 

Deshalb schreibt er auch dieses Buch über die Rabentiere und seine Forschungen beziehungsweise seine Ergebnisse. Dabei kommt er zu verblüffenden Resultaten, die im Einzelfall natürlich im vorliegenden Buch nachzulesen sind, aber verraten möchte ich, dass Rabenvögel besser sind als ihr Ruf, dass sie entschieden intelligent sind und ein Leben lang hinzulernen, anders als mancher Mensch. Und dass sie am liebsten in einer monogamen Langzeitbeziehung leben. „Das Lernen ist bei ihnen eine unendliche Geschichte“, schreibt der Autor, dem es ein Herzensanliegen ist, zwischen Mensch und Tier zu vermitteln. So schreibt er, die „Vermittlung von Informationen an die interessierte Öffentlichkeit“, sei ihm äußerst wichtig. „Diese Aufgabe wird in der universitären Wissenschaft als „Third Mission“ … neben den beiden Säulen der Forschung und der Lehre bezeichnet.“

Der Kommentar: 
Das Buch ist sehr verständlich geschrieben. Thomas Bugnyar weiß so zu schreiben, dass man Wissenschaft begreift, Fachbegriffe werden vorgestellt und erklärt! Die Versuche, die er mit Hilfe vieler Doktoranten und Assistenten und anderen Wissenschaftlern unternommen hat, sind richtig spannend. Man merkt, dass alle Beteiligten mit Leib und Seele bei der Sache sind, denn Grundlagenforschung erfordert viele Stunden akribischen Arbeitens! 

Was ich an dem Buch nicht besonders mag ist die Art der Präsentation. Menschen arbeiten in der Wissenschaft, um sich einen Ruf zu erarbeiten. Dazu veröffentlicht man in Fachzeitschriften, in sogenannten Papers. In diesen Papers wird akribisch aufgelistet, wer welche Versuche durchgeführt hat, etc. Keiner darf unterschlagen werden, denn sonst würde man sich ja mit fremden Federn schmücken. Das ist wissenschaftlich korrekt und wichtig. 

In einem populärwissenschaftlichen Buch dagegen interessiert es niemanden, wer es war, der gerade diese Versuchsanordnung aufgestellt hat, wer mit welchem Raben gearbeitet hat, wer welche Idee hatte, wessen Verdienst es ist, dies und jenes herausgefunden zu haben; nur das Resultat interessiert. In „Raben“ haben wir leider ein gefühlt tausendfaches Namedropping von Hiwis, Doktoranten, Assistenten, etc. etc. Ein allgemeiner Dank an alle Mitarbeiter am Ende wäre angenehmer gewesen. 

 Es kann auch sein, dass für dieses Buch, zwar nach Kapiteln strukturiert, aber danach einfach nur noch der Inhalt bereits veröffentlichter Paper eins nach dem anderen abgearbeitet wurde. Das ist durchaus organisch, aber kein Lesevergnügen. 

Fazit: In die Gesellschaft hinaustragen, was Tiere für tolle Wesen sind, ist immer gut, egal, in welcher Form. Ethische Fragen werden in „Raben“ jedoch leider ziemlich stiefmütterlich behandelt.

In der Wissensvermittlung auch noch verständlich zu sein, ist ein Wert an sich. Aber wir haben hier auch Literatur und Literatur braucht etwas anderes als ein wissenschaftliches Paper. Bei der abstrakten Darstellung, Zusammenfassung und Struktur und der sprachlichen Schönheit des Textes ist noch Luft nach oben. Auch das Gendersternchen und weiteres künstliches Gegendere, das nicht einmal konsequent durchgehalten wurde, stört. Im Hardcover werten die Fotos den Band auf. Im ebook eher nicht.

Kategorie: Sachbuch. Grundlagenforschung an Tieren.
Verlag: Brandstätter Verlag/Österreich

Kommentare

Emswashed kommentierte am 16. Januar 2023 um 09:40

Oh, ein paar von diesen "Rüpeln" haben wir hier auch im Garten. Sie sind wirklich sehr schlau (und viel lieber als Tauben).

wandagreen kommentierte am 16. Januar 2023 um 22:29

Sie lieben Fleisch, falls du mal ein paar Streifchen übrig hast.