Rezension

Amüsante Lektüre mit Sinn

Rote Kirschen, schwarze Kirschen - Sophie Duffy

Rote Kirschen, schwarze Kirschen
von Sophie Duffy

Bewertet mit 5 Sternen

Philippas Mutter ist verschwunden als sie ein kleines Mädchen war, dann musste sie sich auch noch von ihrem besten Freund Luca verabschieden. Zu guter Letzt wurde sie ihr Leben lang immer allein gelassen. Nur der Süßwarenbesitzer Bob hat sich der damals kleinen Philippa erbarmt und ihr ein Zuhause gegeben.
Sophie Duffy hat mit „Rote Kirschen, schwarze Kirschen“ eine Mischung aus Coming-of-Age- und bewegenden Familienroman geschrieben, der man als Leser einfach nicht entgehen kann. Es geht um Familie, Liebe und Geborgenheit, aber auch um das Leben, seine Ungerechtigkeit und wie man sich darin behaupten kann. 

Der Roman wird auf unterschiedlichen Zeitebenen erzählt. In erster Linie geht es um Philippas Kindheit und wie es sie zu ihren Ersatzvater Bob in den Süßwarenladen verschlagen hat. Hier durchquert man mit der Protagonistin die 1960er Jahre, hält kurz in den 70ern und 80ern an, um dann in die Gegenwart, in den 1990ern, anzukommen.

Diese Gegenwartsepisoden werden immer wieder eingestreut. Die 40jährige Philippa ist nun selbst Mutter geworden und erzählt ihrer kleinen Tochter, wie ihr Leben begonnen hat.

Sie berichtet, wie sie von London in das Küstenstädchen Torquay gekommen ist, warum ein Schnurrhaar von Kater Andy 30 Jahre später noch eine Rolle spielt, wie weh es tut, wenn man Menschen gehen lassen muss, und was bleibt, wenn gar niemand mehr geblieben ist. 

Obwohl die Geschichte an sich traurig klingt, ist dem überhaupt nicht so. Immer wieder regt Philippa als Erzählerin zum Schmunzeln an, strahlt Lebensfreude und Geborgenheit aus und lässt einem mit einem wohligem Gefühl zurück. 

Denn die Haupterzählung ist von charmanter Leichtigkeit und einem schneidigen Ton geprägt. Ich habe Philippa von der ersten Seite an gemocht, weil sie mit ihrer nonchalanten Art für Erheiterung sorgt:

„Wink sagt, sie leben in Sünde. Ich habe keine Ahnung wo das ist, vermutlich irgendwo in Paignton, aber es klingt so missbilligend, wenn sie es sagt.“ (S. 117)

Außerdem erlebt man gemeinsam mit der Protagonistin die zeitgeschichtlichen Stationen des britischen Königreichs. Das 25jährige Kronjubiläum der Königin - die damals schon manch einer eine ‚alte Schachtel‘ nennt, eine Märchenhochzeit von Prinz Charles und seiner Lady Di, sowie den herzzerreißenden Schock, als genau diese umjubelte Prinzessin zu Grabe getragen wird. 

Mich hat Philippa zum Schmunzeln, Lachen und Weinen gebracht. Ich habe gern mit ihr die Geheimnisse des Lebens, ihrer Mutter und ihrer Familie entdeckt. Denn ihre Mutter, die sich eines Tages nach Kanada absetzt, und ihr bester Freund Luca, den sie sogar kurz davor verloren hat, stehen meiner Meinung nach stellvertretend für all die Verluste, die ein Mensch in seinem Leben ertragen muss. 

Obwohl in diesem Roman kaum Spannung oder Aufregung herrscht, hat mich Philippas Geschichte durch und durch bewegt. Denn durch Philippas Erzählung merkt man rasch, wie schnell die Zeit vergeht, dass man sich immer wieder darauf besinnen soll, was einem selbst wichtig ist, und dass Familie vor allem durch Zugehörigkeit und nicht durch das gleiche Blut entsteht. 

Mit „Rote Kirschen, schwarze Kirschen“ habe ich eine Perle der Coming-of-Age-Erzählungen entdeckt, die mich bewegt und begeistert hat. Alles in allem ist es ein herzergreifender Roman, der amüsant zu lesen ist und gleichzeitig Tiefsinn besitzt. Leseempfehlung!

Kommentare

parden kommentierte am 05. November 2017 um 13:27

Ich liebe dieses Buch! Schön, dass es noch jemand entdeckt hat! ♥