Rezension

Augsburg 1913 / 1914

Die Tuchvilla - Anne Jacobs

Die Tuchvilla
von Anne Jacobs

Bewertet mit 4 Sternen

Die junge Marie Hofgartner wuchs nach dem Tod ihrer Mutter in einem Waisenhaus auf. Durch ihre etwas störrische und auflehnende Art hat sie schon mehrere Stellungen verloren und nun soll sie im Haus der Familie Melzer ihre letzte Chance erhalten. In der Tuchvilla fängt Marie als Küchenmädchen an, aber auch als letztes Glied innerhalb der Dienstboten-Hierarchie schafft es niemand ihren Willen zu beugen. Eigentlich wäre das schon wieder ein Grund für einen Hinauswurf aber Alicia Melzer hält die Hand über Marie und so kann sie bleiben.

Mein Fazit:

Die Autorin Anne Jacobs nimmt den Leser mit nach Augsburg in die Jahre 1913 und 1914.

Jacob Melzer ist der Inhaber einer gut gehenden Tuchfabrik. Er verbringt die überwiegende Zeit des Tages in seiner Fabrik. Seine Frau Alica kümmert sich zu Hause in der Tuchvilla darum, dass alles seine Richtigkeit hat.

Außer Jacob und seiner Frau lernen wir die Schwestern Katharina (Kitty) und Elisabeth (Lisa) sowie deren Bruder Paul kennen. Zwischen Kitty und Marie entwickelt sich eine Art Freundschaft die von Seiten des Vaters Melzer nicht gerne gesehen wird. Auch Paul interessiert sich auffallend für Marie – aber er ist Sohn aus gutem Hause, sie eine Dienstmagd und Elisabeth kann Marie so gar nix abgewinnen.

Neben der Familie Melzer gibt es jede Menge Dienstboten im Haus, die – jeder auf seine Art und Weise – wichtige Rollen spielen im Leben von Marie. Nicht jeder mag Marie und so bekommt sie hin und wieder Steine in den Weg gelegt. Sie hat aber nicht nur Neider sondern auch Gönner.

Das Buch spielt in einer Zeit als Deutschland schon ganz langsam auf den 1. Weltkrieg zusteuert. In der Geschichte selbst wird dieser Umstand nur in wenigen Nebensätzen erwähnt, das Buch endet vor Ausbruch des Krieges im Juli 1914.

Mehr oder weniger spielt sich alles auf den über 700 Seiten in der Tuchvilla und in der Fabrik der Melzers ab. Ausflüge in die Welt vor den Toren gibt es nur ganz wenige. Das stört aber tatsächlich nicht weiter denn die vielen Dinge die innerhalb der Mauern der Villa passieren machen das Buch weder langatmig noch langweilig.

Die Frage, die sich dem Leser immer wieder stellt lautet: Welches Interesse hat Johann Melzer an Marie? Dass er ein Interesse hat zeichnet sich sehr schnell ab – nur welches..? Marie ahnt von alledem nichts.

Anna Jacobs hat einen sehr schönen Schreibstil, das Buch liest sich angenehm und flüssig. Die Sprache und das Auftreten der Personen in dieser Zeit damals ist für mich authentisch beschrieben. Die Charactere sind schön ausgearbeitet und bei der Vielzahl der Leute behalte sogar ich den Überblick und das will etwas heißen.

Nach Aussage von Anne Jacobs wird es eine Fortsetzung zu „Die Tuchvilla“ geben was mich sehr freuen würde. Aber das Buch ist auch so ein abgeschlossenes Werk das nicht unbedingt eine Fortsetzung haben müsste. Wenn es tatsächlich eine gibt – um so schöner.