Rezension

Barbara (and Jim)

Funny Girl - Nick Hornby

Funny Girl
von Nick Hornby

Bewertet mit 4 Sternen

Barbara Parker hat die Wahl zur Miss Blackpool 1964 gewonnen. Eigentlich. Uneigentlich erkennt sie aber, dass sie sich nicht durch diesen Titel ans öde Blackpool binden, sondern lieber ihren Traum verwirklichen will. Barbara will nach London, ins Showgeschäft, seit sie ihr großes Vorbild Lucille Ball das erste Mal im Fernsehen gesehen hat. Sie will in die Comedy Branche und ein „Funny Girl“ sein. Doch wie stellt man das an? Sie lässt den Misstitel Misstitel sein, legt ihr altes Leben und ihren alten Namen ab und wagt den großen Schritt. In London trifft sie auf allerlei interessante Menschen und hat tatsächlich schnell einen Fuß in der Tür zum Fernsehstudio.

Hornby hat mit diesem Buch das Flair der 60er sehr gut eingefangen und eine glaubwürdige Story über eine aufstrebende Show entwickelt. Die Figuren sind so unterschiedlich und bunt wie die Showbranche selbst. Dabei legt der Autor den Fokus gar nicht so sehr auf Barbara selbst, sondern lässt uns tief blicken in die bürgerlichen und manchmal auch nicht so bürgerlichen Wohnzimmer Großbritanniens. Da ist das jungverheiratete Paar, das mit einem Problem kämpft, welches zu dieser Zeit totgeschwiegen wurde. Der Herr in den besten Jahren, dem die Ehefrau fremdgeht. Der junge Homosexuelle, der für das Ausleben seiner Neigungen jederzeit im Kittchen landen könnte. Sie alle spielen vor und hinter der Kamera ihre Rolle und der Leser erlebt hautnah mit wie sich ihre Leben weiterentwickeln.

Es war sehr interessant zu erfahren wie die Arbeit in der Fernsehbranche damals ausgesehen hat, wie ein Drehbuch entstand und wer die Strippen gezogen hat. Immer wieder werden Fotos und Abbildungen eingestreut, sei es von realen Schauplätzen und Personen oder von fiktiven Manuskriptseiten und Darstellern. Diese Idee fand ich wirklich großartig, denn so wirkt die Geschichte noch realer. (Kleine Anmerkung am Rande: in der deutschen Ausgabe sind manche dieser Fotos doch sehr winzig geraten. Wer kann sollte allein schon deswegen zur englischen Ausgabe greifen)

Ich habe den typischen Hornbyhumor zwischenzeitlich etwas vermisst, denn entgegen des Titels ist Funny Girl gar nicht immer so funny. Das ist insgesamt recht stimmig, aber an einigen Stellen hätte die Geschichte etwas Auflockerung und Pepp vertragen können, da sich leider einige kleine Längen eingeschlichen haben. Ansonsten ist das Buch aber gewohnt gut geschrieben.

Fazit: kein typisches Hornbylesegefühl und mit Sicherheit auch nicht sein bestes Buch, aber trotzdem lesenswert.