Rezension

Das seltsame Wesen im Wasser (der Riesenkalamar oder das Unterseekabel?)

Weil da war etwas im Wasser -

Weil da war etwas im Wasser
von Luca Kieser

Bewertet mit 4 Sternen

sehr eigen - man nennt es Literatur

‚Pouvez-on serieusement imagine que la production de l‘encre, chez le poulpe, aurait ete selectionne au cours de l‘evolution‘ecrire?‘ (Autobiographie d‘un poulpe)

‚Als ein riesiger Tintenfisch ein Tiefseekabel berührt, beginnen seine Arme davon zu erzählen, wie es ist, ein Ungeheuer zu sein.‘ Tiefseekabel sind dazu verlegt worden, um technische Signale von A nach B zu leiten. Und nun erzählt ein Riesenkalamar diesem Kabel von seinem Leben? Doch das Kabel selbst kann ja nicht Geschichten aufnehmen, es leitet nur. So hat Luca Kieser die Geschichte des Kalamars aufgenommen und erzählt sie. Der Schlusssatz der rückseitigen Information endet mit ‚Ein außergewöhnliches literarisches Abenteuer‘.

Der vorstellende Text berichtete von dem Riesenkalamar, von Sanja und Dagmar (Sanja ist fasziniert von dem Meeresgetier und geht eine Beziehung mit ihm ein), von der Umwelt und den tiefgehenden (im wahrsten Sinne des Wortes) Veränderungen und anthropogenen Zerstörungen. Nun folgt aus tierischer Sicht die Wahrnehmung (erinnert vielleicht ein klein wenig an den ‚Schwarm‘ von Schätzing).

Es sind sanfte Worte, ja durchaus poetisch zu benennen. Aber in ihrer Sanftheit ziemlich aufrüttelnd. Ergreifend! Die Schreibe ist einfach, wirkt oft sehr Pennälerhaft (Gedankenassoziationen). Wird aus Sicht der Arme des Kalamars geschrieben.

Es gibt jedoch auch jede Menge interessanter Infos zu Bereichen, mit denen ich mich nie beschäftigt habe - Krill, Kalamar, Wal, Arktis, Eisberge (jaja, auch die Titanic wird erwähnt, wohl das bekannteste Eisbergunglück). Mit der Leseprobe hatte ich Schwierigkeiten und wollte aber dem Buch eine Chance geben. Nun, ich habe es nicht bereut mutig zu sein. Es ist ein Lesegenuss der anderen Art Literatur. Nicht schnell und spannend wegzulesen, sondern Wort für Wort einwirken lassen, Zeitgeben zum tief sinken lassen (wobei wir wieder bei der Tiefsee sind). Zugegeben – es ist ein forderndes Lesen, sehr fordernd! Insofern keine Alltagslektüre...

Das Umschlagsbild ist aufregend und eigen gestaltet, mit Alleinstellungsmerkmal, so einen Umschlag gibt es nicht so schnell wieder. Ohne einen Schutzumschlag, braucht es auch nicht. Das gesamte Buch ist in Unterwasserfarben, blau türkis, gestaltet mit rötlichen Kalamararme (sechs seiner acht Arme). Sehr auffällig. Ebenso auffällig, weil ungewöhnlich, ist der der in weiß aufgedruckte Titel: Weil da war etwas im Wasser… und natürlich fragt sich der lesende Mensch sofort, was war denn da im Wasser?
Das Buch selbst kommt sehr hochwertig daher, liegt angenehm griffig in der Hand. Picus Verlag, Wien, 2023